Was ist der Sinn des Lebens?

Pflanzen-Fan · Gast

Was ist der Sinn des Lebens, aus rein biologischer Sicht? Dazu möchte ich kurz sagen, was ich weiß. Es gab im vergangenen Jahrhundert den Euphemismus "die Spezies erhalten" im Sinne von "sich fortpflanzen und sich vermehren". Das ging doch einher mit der Gruppenselektion oder auch Spezies-Selektion oder vielleicht auch Gaia. Doch in der synthetischen Theorie der Evolution, die heute die allgemein gültige Theorie der Evolutionsbiologie ist, geht es um die Weitergabe und damit Erhaltung der genetischen Information der DNA. Dabei ist es doch so, dass nicht das Dna-Molekül oder Gen weitergeben wird, sondern nur die codierte Information in der DNA. Richtig bis hier her?
Und wenn es um die Weitergabe der DNA oder Gene geht, dann muss die Gruppenselektion und auch der Ausruck "die Spezies erhalten" falsch sein. Man hört diesen Ausdruck aber immer wieder in vielen Tier und Naturdokus.
Schlussfolgerung: Der Sinn des Lebens ist die Weitergabe der genetischen Information. Solange diese weiterbesteht, gibt es Leben und Evolution kann wirken.

Hedera · Anmeldungsdatum: 08.03.2011 Beiträge: 657

Soweit alles richtig, allerdings schließt "weitergabe von Informationen" und "Gruppenselektion" sich nicht aus. Im Gegenteil, da das eine ohne das andere nicht bestehen kann.

Die Weitergabe der genomischen Information ist ein Prozess und die Selektion (ganz allgemein) ist ebenfalls ein Prozess, welcher jedoch auf den Prozesse der Weitergabe wirkt.
Gäbe es die Selektion nicht, so würden wir automatisch davon ausgehen, dass sämtliche genomische Information weitergegeben wird. Die logische Konsequenz wäre keine Evolution, da es ja keine Änderung mehr geben würde.

In meinen Augen ist es aber falsch hier vom Sinn des Lebens zu sprechen.
Wir betrachten hier ein System und dieses Funktioniert aufgrund seiner Komponenten, welche in einerander übergeben/wechselwirken usw. Welchen Sinn hat das System? Es kann nur wieder ein Teil eines noch größeren Systems sein und dieses wieder ein Teil eines noch viel größeren Systems.
Brechen wir es also auf eine Komponenten runter, so ist diese nur für sich genommen völlig Zwecklos oder aber nicht eine Komponenten, sondern ein kleineres System.
Über einen Sinn können wir besten Falls innerhalb des Systems sprechen. Hier ist dann aber der Begriff "Zweck" besser, da mit "Sinn" immer eine gewisse mentale Eigenschaft verbunden wird.

Welchen Zweck hat also der Filter in einer Kaffeemaschine?
Behälter für Kaffeepulver.
Aber welchen Zweck hat denn überhaupt eine Kaffeemaschine?
Im System, welches wir in der ersten Frage betrachtet haben ist dieser Zweck undefiniertbar, denn das Ergebnis Kaffee kochen, erfüllt nur einen Zweck im nächst höheren System (z.B. unserem Alltag).

Der Mensch hat immer sehr komische Ansichten über seine Umwelt und der Glaube an Sinnhaftigkeit nimmt stets eine gewisse Innereunruhe. Es wäre aber so viel leichter, wenn man es einfach akzeptiert und nicht immer nach einem "höheren Sinn" fragt. Meines Erachtens kann man da nur scheitern, da es nicht die Endgültige Antwort gibt.

Ein System funktioniert, weil die Komponenten aufeinander abegestimmt sind, aber dadurch erfüllt das System keinen Sinn. Das System "Leben" funktioniert einfach, da alles passt.

Pflanzen-Fan · Gast

Nachfrage: Du schreibst "genomische Information" und ich habe geschrieben " genetische Informationen". Deutest du damit einen vielleicht wichtigen Unterschied an?

Was ich mit Sinn des Lebens meine ist, dass solange die genetische Information weitergegeben wird, das Leben besteht und weiter besteht. Das ist also ein automatischer Prozess. Und nur die natürliche Selektion begrenzt die Weitergabe dieser Information. Könnte man also von der natürlichen Selektion wie ein Filter oder Sieb sprechen, dass nur gewisse Informationen durchlässt? Genauer gesagt, nur die guten genetischen Informationen?

PaGe · Moderator Anmeldungsdatum: 19.03.2007 Beiträge: 3549 Wohnort: Hannover

Da ist wirklich ein Unterschied, denn die Selektion setzt immer an der Umsetzung des kompletten Erbmaterials an. Ob ein Gen nun zu einem besonders guten Protein führt oder nicht, ist relativ egal, solange das Gesamtkonzept passt. Daher kann man auch nur schwerlich sagen, dass die Informationen gefiltert werden, denn es können sich halt auch "schlechte Gene" in einem "guten Genom" erst einmal halten.
Und dabei ist die Definition von gut und schlecht ziemlich schwer. Denn der getunteste Motorradmotor wird in einem LKW immer schlechtere Ergebnisse liefern als ein stink normaler 10 Jahre alter LKW-Motor.

Hedera · Anmeldungsdatum: 08.03.2011 Beiträge: 657

Wie PaGe schon schrieb kann es durchaus einen Unterschied machen ob du "genetische" oder "genomische" Information schreibst.
Jetzt kann man natürlich sagen, dass es das gleiche ausdrückt. Allerdings ist "genomische Information" eindeutig. Bei der "genetischen Information" kannst du es immer auf ein Merkmal beziehen.
Das Genom ist aber automatisch alles an genetischer Information, die der Organismus besitzt.

Das Problem mit "gut" und "schlecht" ist tatsächlich sehr schwer zu fassen.
Wie PaGe schreibt, kann sich auch schlechtes halten, wenn es für den Moment egal ist.
Es kann sich aber auch durchsetzen. Evolution muss grundsätzlich im Gesamtkonzept betrachtet werden. Selektion alleine kann bestenfalls in Sonderfällen komplett für einen bestimmten evolutiven Abschnitt als Erklärung dienen. Es spielen einfach zu viele andere Dinge mit rein.

Wenn du es so möchtest, kannst du sagen, dass der Sinn des Lebens die Weitergabe ist. Allerdings ist diese Aussage sehr stark vereinfacht und unscharf. Das fängt mit der Wortwahl an (Sinn und Zweck sind nicht identisch), aber auch die Frage an sich kann hinterfragt werden. Selbst wenn du von "Zweck" sprichst. Es stellt sich die Frage ob es überhaupt notwendig ist diese Frage zu stellen...
Und es gibt weitere Möglichkeiten, welche die Weitergabe verhindern können. Katastrophen fallen nicht wirklich in die Kategorie natürliche Selektion. Es sind ganz massive Systemstörungen, die zum Untergang eines ganzen Ökosystems führen können. Das eintreten ist Zufall und eine Anpassung (je nach schwere) schlichtweg unmöglich.
Daran sieht man deutlich, dass es alles andere als leicht ist deine Aussage zu pauschalisieren. Sie ist nicht falsch. Aber sie stimmt auch nicht immer.