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Krebszellen haben Wettbewerbsvorteil?
 
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telli



Anmeldungsdatum: 25.02.2018
Beiträge: 2

BeitragVerfasst am: 25. Feb 2018 01:20    Titel: Krebszellen haben Wettbewerbsvorteil? Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Liebe Mitglieder von bioboard.de,

Ich tue mir gerade ein wenig schwer gewisse Annahmen im Buch "Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie" nachvollzuziehen.

Zunächst mal zitiere ich den Text aus dem Buch:
"Die Mutationen, die zu Krebs führen, verkrüppeln die mutierten Zellen nicht. Im Gegenteil, sie verschaffen diesen Zellen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Nachbarzellen. Dieser Vorteil, den die mutierten Zellen geniessen, führt zu Katastrophe für den gesamten vielzelligen Organismus. Die natürliche Auslese begünstigt Zellen, die Mutationen tragen, die die Zellproliferation und das Überleben der Zellen steigern, ungeachtet der Wirkung auf die Nachbarzellen."
(Quelle: Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie Wiley Verlag 4. Auflage Seite 770 20.4.4)

Jetzt zu den Fragen:
1. Wie kann es sein, dass Krebszellen sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, wenn der Prozess mit dem Tot aller Zellen inklusive der Krebszellen endet? Wie bitteschön haben die Krebszellen davon profitiert?
2. Krebszellen sind körpereigene Zellen. Wie kann es sein, dass sie mit ihren Nachbarzellen konkurrieren? Die einzige Wechselbeziehung, bei der kleinere Zellen oder Organismen ihrem Wirt schädigen um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen ist Parasitismus. Sind Krebszellen also parasiten (wenn man davon absieht, dass sie der gleichen Art angehören)?
3. Gibt es andere parasitäre Organismen, deren invasives Wachstum mit dem eigenen Tod endet?
4. Volvox ist eine mehrzellige Grünalge an der Schwelle von Einzeller und Mehrzeller, welche ebenfalls differenzierte Zellen besitzt. Ist es bekannt, dass die differenzierten Zellen in Volvox auf Kosten der anderen Zellen leben? Denn falls "nein": Volvox ist die einfachste Form eines mehrzelligen Organismus. Wenn es hier nicht geschieht, wieso sollte es bei uns Menschen der Fall sein?

Bemerkung:
Ich finde die Aussage in dieser Form nicht wirklich überzeugend. Wäre froh wenn jemand, der mehr Erfahrung hat mir dabei helfen könnte.

Vielen Dank!

Meine Ideen:
PaGe
Moderator


Anmeldungsdatum: 19.03.2007
Beiträge: 3549
Wohnort: Hannover

BeitragVerfasst am: 25. Feb 2018 10:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ich gebe dir recht, dass die Formulierung nicht ganz glücklich ist. Ein Organismus kann nur funktionieren, wenn die Entwicklung und die Prozesse aller Zellen aufeinander abgestimmt sind. Vielleicht ist das Problem hier, dass es ein Buch der Zellbiologie ist und dieser Bereich in der Regel mit einzelnen Zellen arbeiten und mitunter das gesamte aus den Augen verlieren.

Wenn man nun mutierte und normale Zellen in einer Kulturlösung gibt, werden die normalen Zellen überwachsen werden und wahrscheinlich eingehen, da in der Nährlösung genug Nährstoffe sein werden und nur der Platz limitierend zu sein scheint. In dem Sinne hat die (natürliche) Selektion die Krebszellen selektiert. Und wenn diese Zellen unsterblich sind, könnten sie sich theoretisch durch Zweiteilung vermehren, sodass ein weiteres wichtiges Kriterium erfüllt ist.
Nun kommen wir aber zu deinem berechtigten Problem: Wenn der Organismus aufgrund der Wucherung/Fehlregulation stirbt, sterben auch die "selektierten Zellen". Was hat es ihnen nun also gebracht? Nichts. Und wenn die Mutation nicht in den Keimzellen passiert ist, ist sogar ausgeschlossen, dass sie in der nächsten Generation wieder auftreten. Damit müsste man es insgesamt betrachtet als Nachteil definiert werden.

Was die Parasiten angeht, gibt es durchaus Parasiten, die tödliche Folgen haben, z.B. Hakenwürmer und Trichinen. Im Gegensatz zu den Krebszellen schaffen diese es aber Eier zu produzieren, sodass der Fortbestand gesichert ist. Also kann sie mE nicht gleichsetzen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, ob Ebola oder HIV unter Evolutionssicht der am besten angepasste Organismus ist. Ebola führt innerhalb kürzester Zeit zum Tod, da er offensichtlich sehr gut seine Zielzellen findet und schnell vermehrt wird. Und Ebola ist durch die Blutungen leicht übertragbar. Bei HIV hingegen dauert es Jahre. Das gibt aber dem "Wirt" auch Zeit, viele andere Menschen zu infizieren. Was ist nun besser?

Mit Volvox hast du ein interessantes, einfaches Beispiel gefunden. Ich bin mir unsicher, wie die Autoren darauf antworten würden. Wahrscheinlich würden sie das als nicht vergleichbar betrachten, da die differenzierten Zellen sich nicht ungehindert teilen und die undifferenzierten Zellen verdrängen.

Das ganze könnte auch ihre Ursache in einer veränderten Betrachtung der Evolution liegen, bei der Richard Dawkins, die Evolution auf die Genebene bringt. Eine Betrachtung, die ich nicht als sinnvoll betrachte.

_________________
Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, du darfst sie kostenlos nutzen. Aber sie ist nicht Open Source, d. h., du darfst sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen.
telli



Anmeldungsdatum: 25.02.2018
Beiträge: 2

BeitragVerfasst am: 25. Feb 2018 19:23    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Page,

Zunächst herzlichen Dank für deine Antwort und deine Mühe.

Zitat:
Vielleicht ist das Problem hier, dass es ein Buch der Zellbiologie ist und dieser Bereich in der Regel mit einzelnen Zellen arbeiten und mitunter das gesamte aus den Augen verlieren.


Ja vielleicht, aber das Buch ist ein Standardwerk an vielen Unis auch bei uns in Unibasel wird es zu vielen Vorlesungen empfohlen. Das buch ist ja an sich sehr gut, gute Erklärungen mit vielen Illustrationen aber wenn man bisschen kritisch reinschaut findet man zum Teil vage Behauptungen. Vorallem bei solch kritischen Themen wie "Krebs" ist es unerlässlich, dass die Studenten (angehende Biologen und Ärzte) ein solides Fundament bekommen sollten. Meiner Meinung nach darf sich ein Standardwerk solche "Lücken" nicht erlauben.

Zitat:
Wenn man nun mutierte und normale Zellen in einer Kulturlösung gibt, werden die normalen Zellen überwachsen werden und wahrscheinlich eingehen, da in der Nährlösung genug Nährstoffe sein werden und nur der Platz limitierend zu sein scheint. In dem Sinne hat die (natürliche) Selektion die Krebszellen selektiert. Und wenn diese Zellen unsterblich sind, könnten sie sich theoretisch durch Zweiteilung vermehren, sodass ein weiteres wichtiges Kriterium erfüllt ist

Ok. Wenn man jetzt die Zellen wie in diesem Beispiel wirklich evolutionstechnisch "einzeln" betrachtet dann gebe ich dir recht, ABER dann sollte man z.B. auch den Sinn der "Apoptose" in Frage stellen, denn sich umzubringen bringt definitiv keinerlei evolutionären Vorteil für die "einzelne Zelle". Es sei denn die Zellen opfern sich, um einem Organismus einen Vorteil zu verschaffen (z.B. indem geschädigte Zellen sich zerstören, um dem Organismus nicht zu schaden).
Nun sind wir aber an einem Punkt angelangt, wo die Zellen nicht mehr als "einzelne" Individuen sondern als Zellkomplexe betrachtet werden. Dann aber müssten die Krebszellen, da sie ja körpereigene Zellen sind, auch als Teil dieses Komplexes betrachtet werden. Die logische Folgerung daraus wäre, dass Krebszellen eine Funktion im Körper übernehmen.

Man kann natürlich hier auch behaupten, dass sie keinerlei Vorteil für den Organismus haben. Mir missfällt aber der Gedanke: 3.4 Milliarden Jahre Selektion und das Endprodukt ist, sich selbst tötende Individuen? Im Ernst jetzt?

Zitat:
Nun kommen wir aber zu deinem berechtigten Problem: Wenn der Organismus aufgrund der Wucherung/Fehlregulation stirbt, sterben auch die "selektierten Zellen". Was hat es ihnen nun also gebracht? Nichts.

Kann es denn sein, dass die Evolution solch ein Verhalten begünstigt? Wir haben doch alle immer gelernt, dass der biologische Sinn des Lebens darin besteht sich fortzupflanzen bzw. sich zu vermehren.

Zitat:
Und wenn die Mutation nicht in den Keimzellen passiert ist, ist sogar ausgeschlossen, dass sie in der nächsten Generation wieder auftreten. Damit müsste man es insgesamt betrachtet als Nachteil definiert werden.

Genau!

Zitat:
Was die Parasiten angeht, gibt es durchaus Parasiten, die tödliche Folgen haben, z.B. Hakenwürmer und Trichinen. Im Gegensatz zu den Krebszellen schaffen diese es aber Eier zu produzieren, sodass der Fortbestand gesichert ist. Also kann sie mE nicht gleichsetzen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, ob Ebola oder HIV unter Evolutionssicht der am besten angepasste Organismus ist. Ebola führt innerhalb kürzester Zeit zum Tod, da er offensichtlich sehr gut seine Zielzellen findet und schnell vermehrt wird. Und Ebola ist durch die Blutungen leicht übertragbar. Bei HIV hingegen dauert es Jahre. Das gibt aber dem "Wirt" auch Zeit, viele andere Menschen zu infizieren. Was ist nun besser?

Das ist interessant ja, aber anscheinend haben sie alle gemeinsam, dass sie ihren Fortbestand sichern können, im Gegensatz zu den Krebszellen.

Zitat:
Mit Volvox hast du ein interessantes, einfaches Beispiel gefunden. Ich bin mir unsicher, wie die Autoren darauf antworten würden. Wahrscheinlich würden sie das als nicht vergleichbar betrachten, da die differenzierten Zellen sich nicht ungehindert teilen und die undifferenzierten Zellen verdrängen.

Na klar, im "Normalfall" funktioniert das ja in jedem Mehrzelligen Organismus so. Die Krebszellen stellen eine Anomalie dar. Die Frage war, ob solche "Anomalien" auch bei Volvox oder anderen einfachen Mehrzellern anzutreffen ist.
Es gibt viel zu wenig Studien abseits der Menschen was Krebs betrifft. Wieso erkranken z.B. Blauwalen nicht an Krebs? oder andere massive und langlebige Organismen? Die gängige Meinung ist ja, dass Krebs eine Krankheit und ein Prozess des Alterns ist. D.h. je älter eine Zelle, um so grösser die Wahrscheinlichkeit für eine Mutation in irgendeiner Zelle und je grösser die Masse und dementsprechend mehr Zellen, dann ebenfalls umso grösser die Anfälligkeit für Krebs. Dann müssten aber ja Kühe, Rinder oder Blauwalen eine viel höhere Krebsrate aufweisen... Dem ist aber glaube ich nicht so.

Mich würden vor allem auch Studien über die Krebsvererbung interessieren. Vorallem Kinder deren Stammbaum keine signifikanten Krebsfälle aufzeigt. D.h. solche Fälle wo man eine Keimbahnmutation ausschliessen könnte. Oder ob Krebs bei Kindern ausschliesslich auf die Eltern zurückzuführen ist.
Die Frage, die ich mir stelle ist, ob Kinder krebs bekommen können, wenn sie keine "Krebsmutationen" vererbt bekommen. Also von alleine entwickeln. Insbosendere die Häufigkeiten solcher Fälle.
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