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Karl Gustav von Baden Gast
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Verfasst am: 05. Jul 2005 09:54 Titel: Wie wird genetische Verwandtschaft in Prozent berechnet? |
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Kann mir einer sagen, wie sich Verwandschaftsverhältnisse berechnen? Sind Geschwister genetisch näher miteinander verwandt als mit ihren Eltern? Rein rechnerisch hat man die Hälfte seiner Gene von einem Elternteil und ist somit höchstens zu 50% mit ihnen verwandt, bei eineiigen Zwillingen jedoch ist dieser Wert 100%! Wie sieht es hingegen bei Geschwistern aus, die keine Zwillinge sind?
Bin durch diesen Artikel ins Grübeln gekommen:
http://www.springeronline.com/sgw/cda/frontpage/0,11855,1-10092-2-130158-0,00.html
"Wann ist es "Blutschande"?
In der Soziobiologie versteht man unter Inzest die sexuelle Beziehung zwischen Blutsverwandten, die durch unmittelbare gemeinsame Abstammung 25% oder mehr gemeinsame Gene aufweisen. Nach dieser Definition besteht Inzest bei folgenden Sexualpartner: Mutter/Sohn; Vater/Tochter, Geschwister, Halbgeschwister, Onkel/Nichte bzw. Tante/Neffe..."
Wie wird auf die Prozentzahl geschlossen? Danke im voraus. |
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Karl Gustav von Baden Gast
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Verfasst am: 05. Jul 2005 10:06 Titel: Nachtrag |
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Nachtrag: Rein theoretisch müssten Geschwister näher miteinander verwandt sein als mit ihren Eltern, denn bei denen kann, wie oben bereits erwähnt, die genetische Übereinstimmung höchstens 50% betragen, bei Geschwistern jedoch mindestens 50%, da die Verteilung der Gene zufällig erfolgt und somit die Übereintstimmung rein theoretisch bis hoch auf 100% gehen könnte. Sehe ich das richtig, dass demnach das Verwandtschaftsverhältnis bei Geschwistern in Prozent gar nicht sicher anzugeben ist? |
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Karl Gustav
Anmeldungsdatum: 05.07.2005 Beiträge: 1
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Verfasst am: 06. Jul 2005 15:08 Titel: |
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Nachdem ich drüber geschlafen habe, korrigiere ich meine Vermutung, dass Geschwister zumindest zu 50% gleiche Gene haben, denn in der Schule lernt man zwar, dass die Kinder genau die Hälfte der Chromosomen von jeweils einem Elternteil haben, aber wer nun welche Gen-Kombination abbekommt, sei hingegen Zufall. Die Anzahl dagegen sei, wie gesagt, festgelegt.
Somit ist es denkbar, dass ein Geschwisterteil genau die Gene erbt, ein anderes zufälligerweise genau die anderen - oder dass beide genau die gleichen Gene erben. Rein theoretisch geht damit die mögliche genetische Übereinstimmung zwischen Geschwistern von 0% bis 100%, wobei 100% genetische Übereinstimmung in der Praxis wohl nur bei eineiigen Zwillingen auftreten dürfte und in dem Fall von 0% genetischer Übereinstimmung immer noch ein im Kreissaal vertauschtes Kind wahrscheinlicher sein dürfte.
Intuitiv würde ich darauf tippen, dass auch hier die Gauss'sche Normalverteilung den Grad der genetischen Übereinstimmung zwischen Geschwistern bestimmt.
Oder unterliege ich einem Denkfehler?
Zuletzt bearbeitet von Karl Gustav am 06. Jul 2005 15:14, insgesamt einmal bearbeitet |
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chefin Organisator
Anmeldungsdatum: 28.04.2004 Beiträge: 1549 Wohnort: Oberhausen
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Verfasst am: 06. Jul 2005 21:55 Titel: |
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So ganz verstehe ich dein Problem nicht. Betrachte einfach ein Gen. Jedes Gen tritt in zwei Allelen auf. Ein Allel davon wird immer an die Keimzellen weitergegeben, das andere eben an eine andere Keimzelle. So trägt jede Keimzelle 50% aller möglichen Allele. Somit rägt das Kind 50% mütterliche Allele und 50% väterliche Allele. Dies lässt sich so auch im genetischen Fingerprint nachweisen. Über die Eltern lassen sich Geschwister eindeutig zuordnen.
So nun zu den Geschwistern: Jedes Geschwister hat entweder das eine oder das andere Allel des gleichen Gens. Rein theoretisch hast du natürlich REcht, dass zwei Kinder jeweils das andere Allel von Mutter/Vater haben, also keine direkte Übereinstimmung. Wie hoch jedoch diese Wahrscheinlichkeit wirklich ist, kann ich nicht sagen, zumal das Phänomen der gekoppelten Gene und das Phänomen des Kopplungsbruchs auch noch zu beachten wäre.
In aufsteigender Linie sind die Rechnungen einfach: die Übereinstimmung halbiert sich von Generation zu Generation.
Jedes Geschwister hat aber je 50% der Allele von jedem Elter, die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Paarung von Geschwistern die gleichen Allele zusammenkommen ist daher hoch. Viele Gendefekte werden rezessiv vererbt, prägen sich also nur homozygot aus. Das in einer Geschwisterpaarung gehäuft homozygote Erbmerkmale vorliegen, die sich dann vielleicht entsprechend ergänzend auswirken, ist bekannt.
Ein typisches Beispiel von isolierter Fortpflanzung lag in den Herrscherhäusern Europas vor. Das Vorkommen der Bluterkrankheit war bei den männlichen Nachkommen sehr häufig. _________________ Wissen ist Macht, Nichtwissen macht machtlos |
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Gast
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Verfasst am: 07. Jul 2005 02:44 Titel: |
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chefin hat Folgendes geschrieben: |
In aufsteigender Linie sind die Rechnungen einfach: die Übereinstimmung halbiert sich von Generation zu Generation. |
Heisst dass, dass Geschwister zu 100% miteinander verwandt sind, Onkel/Neffe noch 50% und noch eine Generation später (Grossonkel/Grossneffe) noch 25% miteinander verwandt sind oder sind Geschwister zu 50%, Onkel/Neffe zu 25% und Grossonkel/Grossneffe zu 12,5% miteinander verwandt? |
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Bossin Gast
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Verfasst am: 10. Jul 2005 19:20 Titel: |
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http://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/Lehre/aussermathAnw/Verwandtschaft2.html
Wie aus obigem Link hervorgeht, stimmt auch die Annahme, dass Kinder zu je 50% mit Vater und Mutter verwandt sind, nicht immer. Ich zitiere: "Da der Vater x eine verstärkte Neigung hat, das seltene Allel zweifach zu tragen, sind die Geschwister u und w untereinander und mit ihm näher verwandt, als bei inzuchtfreien Vorfahren zu erwarten wäre: Die Berechnung ergibt r(u, w) = 9/16 » 0.563 und r(u, x) = r(w, x) = 51/2/4 » 0.559. Zur Mutter haben u und w den üblichen Verwandtschaftsgrad 1/2." |
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Thusnelda Gast
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Verfasst am: 12. Jul 2005 10:14 Titel: |
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Wusste gar nicht, dass Biologie so viel mit Mathe zu tun haben kann... Ich glaub, ich werd doch lieber was anderes studieren... |
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Oberin Gast
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Verfasst am: 31. Jul 2005 02:02 Titel: Pferdetritt |
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Ich zitiere aus obigem Link:
Um Verwandtschaftsgrad und Inzuchtkoeffizienten von x und y zu berechnen, gehen wir Schritt für Schritt vor:
Die Gründer c und d sind nicht miteinander verwandt, daher ist f(c, d) = 0, F(c) = F(d) = 0 und, mit (6), f(c, c) = f(d, d) = 1/2.
Mit (3) wird F(a) = F(b) = f(c, d) = 0, mit (6) folgt daraus f(a, a) = f(b, b) = 1/2.
Mit (5) finden wir f(a,b) = (1/4) × (f(c, c) + f(c, d) + f(d, c) + f(d, d)) = 1/4 (der Verwandtschaftskoeffizient für Geschwister mit nichtverwandten Eltern).
Mit (3) wird F(x) = F(y) = f(a, b) = 1/4.
Mit (5) wird f(x,y) = (1/4) × (f(a, a) + f(a, b) + f(b, a) + f(b, b)) = 3/8.
Schließlich liefert (7) r(x, y) = 2 f(x, y) ( (1 + F(x)) (1 + F(y)) )-1/2 = 3/5.
Ich glaub, mich tritt ein Pferd!  |
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