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Arabell
Anmeldungsdatum: 09.10.2007 Beiträge: 3
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Verfasst am: 09. Okt 2007 16:35 Titel: tRNA Anzahl |
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Halli Hallo...
Ich habe einige BIoaufgaben zu lösen und bin mir bei der folgenden sehr unsicher bzw. frage ich mich ob ich ein Brett vorm Kopf habe.
Wie viele verschiedene tRNAs enthält jeder Organismus mindestens?
Also eigentlich hat man ja 64Codons, davon 3Stopp- und 1Startcodon, bleiben 60, zu denen ja auch je eine tRNA passen müsste.
Aber eigentlich müsste die Antwort doch 20 sein, da auf jeden Fall 20Aminosäuren codiert werden müssen, die restlichen Codons sind ja quasi zusätzlich.
Wäre super wenn mir jemand weiterhilft... |
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WissenXtreme
Anmeldungsdatum: 10.10.2004 Beiträge: 69
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chefin Organisator
Anmeldungsdatum: 28.04.2004 Beiträge: 1549 Wohnort: Oberhausen
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Verfasst am: 10. Okt 2007 21:45 Titel: |
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Es gibt 64 verschiedene Codons, davon codieren drei "STOPP", für diese drei gibt es keine tRNA sondern sogenannte release factors, die für die Trennung der Ribosomen- UEs führt und damit die Polypeptidkette freisetzen.
Somit bleiben 61 verschiedene tRNAs über. _________________ Wissen ist Macht, Nichtwissen macht machtlos |
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Bert
Anmeldungsdatum: 26.09.2007 Beiträge: 82 Wohnort: Niedersachsen
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Verfasst am: 11. Okt 2007 20:39 Titel: Re: tRNA Anzahl |
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Arabell hat Folgendes geschrieben: | Halli Hallo...
Wie viele verschiedene tRNAs enthält jeder Organismus mindestens?
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So viele, wie dieser Organismus braucht!
Um die Antwort auf deine Frage zu finden, könnte man etliche Dissertationen zu diesem Thema anfertigen ... ich versuche, die Problematik wenigstens in einem kurzen Bild zu skizzieren ...
Der genetische Code ist degeneriert; d.h. mit einem Vorrat von 4 Nukleotidsorten können wir 4^3 (vier hoch drei) = 64 verschiedene Nukleotid-Tripletts generieren und diese 64 Tripletts werden für die Codierung von 20 verschiedenen Aminosäuren und drei Stop-Codons verwendet.
Es liegt auf der Hand, welche Konsequenzen diese Redundanz haben kann;
1) mehr als nur eine tRNA codiert eine Aminosäure (Aa) (wir können einem Codon eine Aa eindeutig zuordnen: CGC -> Arginin, aber nicht immer umgekehrt: Arginin -> ??? ??? ??? ??? ??? ???)
2) manche tRNA-Moleküle können „paaren“ mit mehreren Codons
In einer lebenden Zelle kommt tatsächlich beides vor. Manche Aminosäuren werden an mehrere (verschiedene) tRNAs gebunden, und manche tRNAs paaren nur mit den ersten zwei Nukleotiden, die dritte Position ist „frei-paarend“.
Manche Organismen, wie z.B. Bakterien, streben an, ihr Genom so kurz zu halten, wie es nur möglich ist (es gehört zu ihrer Überlebensstrategie, weil die DNA-Replikation den zeitlichen Flaschenhals der Zellteilung darstellt), tatsächlich spiegelt sich diese Strategie auch in der Anzahl der tRNA-Moleküle wieder, denn tRNA-Moleküle müssen auch durch die DNA codiert werden und später hergestellt; hat eine Zelle nur wenige Sorten von tRNA-Molekülen, braucht sie dafür auch weniger DNA – und umgekehrt. So gibt es Bakterien, die mit nur 31 Sorten von tRNA-Molekülen auskommen.
Andere Organismen haben riesige Genome (manche Eukaryonten) und es spielt bei der Zellteilung keine zeitlich kritische Rolle, ein paar Hundert Kilobasenpaare mehr oder weniger zu replizieren, und dort finden wir etliche Hunderte von verschiedenen tRNA-Genen (der Mensch hat über 490 verschiedene tRNA-Gene), aber genutzt werden nur 48 Anticodons(Sorten).
Nun könnten wir sagen: Für 20 Aminosäuren brauchen wir 20 verschiedene tRNA-Moleküle ... Aber so einfach ist es nicht.
Wir, Menschen, wissen, daß der genetische Code degeneriert ist, aber wir wissen nicht, warum das so ist. Es wird immer nur mathematisch erklärt 4^2 < 20, also brauchen wir 4^3 ...
Die Wirklichkeit jedoch ist, daß der offene Leserahmen (ORF) mehr Information beinhaltet als nur die Information für die Aminosäuresequenz des codierten Proteins, und daß wir diese „anderen“ Informationen noch nicht sehen/verstehen.
Wir wissen es einfach (noch) nicht!
Ein Beispiel; ein Peptid hat diese Aa-Sequenz:
DASISTEINENSYM (Asp-Ala-Ser-Ile-Ser-Thr-Glu-Ile-Asn-Glu-Asn-Ser-Tyr-Met)
Dieses Peptid könnte so kodiert werden:
DNA-Sequenz1:
ATGGACGCTTCTATTTCTACTGAAATTAACGAAAACTCTTACATGTAA
GC-Gehalt = 31,3%
Oder aber auch so:
DNA-Sequenz2:
ATGGACGCCTCCATCTCCACCGAGATCAACGAGAACTCCTACATGTGA
GC-Gehalt = 52,1%
(oder es kann ganz anders codiert werden)
Beide DNA-Sequenzen codieren das Peptid „DASISTEINENSYM“, aber neben dieser Information stecken in der DNA-Sequenz noch andere Informationen, die wir nicht kennen. Daß da mehr Information sein kann, sehen wir daran, daß die DNA-Sequenz1 und DNA-Sequenz2 sehr unterschiedlich sind; und sie haben auch unterschiedliche Eigenschaften! Welche Informationen diese DNA-Sequenzen noch beinhalten, wissen wir jedoch nicht. _________________ Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht. [Albert Einstein] |
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PaGe Moderator
Anmeldungsdatum: 19.03.2007 Beiträge: 3549 Wohnort: Hannover
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Verfasst am: 11. Okt 2007 23:02 Titel: |
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Ich denke auch, dass die Frage nach der Anzahl rein theoretischer Natur ist. Mittlerweile kennt man ja auch noch 2 modifizierte AS, so dass das mit den 20 auch nicht mehr hinhaut.
Für die Aufgabe würde ich dennoch schreiben:
20 tRNAs+1ReleaseFaktor, da mE alle AS in jedem Organismus mindestens 1x verwendet werden. Klar ist nur, dass in realitas deutlich mehr verwendet werden. |
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Karon Organisator
Anmeldungsdatum: 06.11.2004 Beiträge: 2344 Wohnort: Hessen
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Verfasst am: 11. Okt 2007 23:45 Titel: |
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@ Bert:
Danke für deine ausführliche Darstellung des Problems. Fand ich sehr interessant.
Ich denke allerdings, dass Arabells Lehrer wohl eher die Antworten von chefin oder WissenXtreme hören möchte. _________________ Wie poste ich falsch?
Nachdem ich Google, die FAQs & die Boardsuche erfolgreich ignoriert habe, erstelle ich 2-5 neue Themen in den falschen Unterforen mit kreativem Titel & undeutlichem Text, unter denen sich jeder etwas anderes vorstellen kann. |
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Arabell
Anmeldungsdatum: 09.10.2007 Beiträge: 3
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Verfasst am: 14. Okt 2007 09:00 Titel: |
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Vielen, vielen Dank für eure Antworten.
Um ehrlich zu sein bin ich nun noch viel gespannter auf die Antwort meiner Lehrerin bzw. wann sie in der Klausur Punkte gibt und wann nicht, schließlich ist diese Frage wie ihr ja schon so schön geschrieben nicht eindeutig zu beantworten... |
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Bert
Anmeldungsdatum: 26.09.2007 Beiträge: 82 Wohnort: Niedersachsen
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Verfasst am: 15. Okt 2007 19:01 Titel: |
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Arabell hat Folgendes geschrieben: | Vielen, vielen Dank für eure Antworten.
Um ehrlich zu sein bin ich nun noch viel gespannter auf die Antwort meiner Lehrerin bzw. wann sie in der Klausur Punkte gibt und wann nicht, schließlich ist diese Frage wie ihr ja schon so schön geschrieben nicht eindeutig zu beantworten... |
Auf die Frage: "Wie viele verschiedene tRNAs enthält jeder Organismus mindestens?"
Würde ich in einer Klausur diplomatisch antworten: "zwei". _________________ Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht. [Albert Einstein] |
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chefin Organisator
Anmeldungsdatum: 28.04.2004 Beiträge: 1549 Wohnort: Oberhausen
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Verfasst am: 15. Okt 2007 22:47 Titel: |
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@Bert: Quatsch! mit zwei tRNAs kann eine Zelle keinen Stoffwechsel aufrecht erhalten! _________________ Wissen ist Macht, Nichtwissen macht machtlos |
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Bert
Anmeldungsdatum: 26.09.2007 Beiträge: 82 Wohnort: Niedersachsen
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Verfasst am: 16. Okt 2007 18:41 Titel: |
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chefin hat Folgendes geschrieben: | @Bert: Quatsch! mit zwei tRNAs kann eine Zelle keinen Stoffwechsel aufrecht erhalten! |
War nur ein Spaß. Meine Antwort galt der Frage: "Wie viele verschiedene tRNAs enthält jeder Organismus mindestens?" In der Frage steht keine Forderung eines funktionierenden Stoffwechsels - dafür reichen auch zwanzig tRNAs nicht!
Um verschiedene Elemente bilden zu können, braucht man mindestens zwei nicht identische Elemente.
Sollte sich diese Frage auf die Anzahl verschiedener tRNAs eines lebensfähigen Organismus beziehen, so ist die Antwort organismusspezifisch und keineswegs eindeutig (wie ich in meinem ersten Beitrag erläutert habe).
Wir kennen Organismen, die nur 28 tRNAs haben. Diese Organismen leben, ohne eigene Zellwand, als intrazelluläre Parasiten und ohne ihre Wirtszelle sind sie nicht lebensfähig - daher wissen wir nicht, ob diese 28 tRNAs für einen selbständig funktionierenden Zellstoffwechsel ausreichen würden. Es gibt auch Parasiten mit einer Zellwand, die 31 tRNAs haben; ob es zum Leben ohne ihre Wirte reichen könnte, wissen wir auch nicht.
Wir kennen Organismen, die autotroph leben, sich also selbständig versorgen können, und mit nur 37 tRNAs auskommen.
Somit wäre die richtige Antwort auf die Frage: "Wie viele verschiedene tRNAs muß jeder Organismus mindestens haben, um einen selbständigen Stoffwechsel betreiben zu können?" die Anzahl der tRNAs liegt zwischen 28 und 37, inklusive der beiden Zahlen.
Dahingegen ist die Antwort: "61 tRNAs" sowohl auf die erste als auch auf die zweite Frage eindeutig falsch. _________________ Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht. [Albert Einstein] |
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