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Eineiige Zwillinge
 
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ghazal1986



Anmeldungsdatum: 12.09.2011
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 12. Sep 2011 21:38    Titel: Eineiige Zwillinge Antworten mit Zitat

Guten Abend,
wie schon bekannt haben eineiige Zwillinge das gleiche Erbgut und sind somit genetisch identisch. Dennoch habe ich vor Kurzem von Fällen gehört, in denen einer von einer Erbkrankheit bzw. einer angeborenen Behinderung betroffen war und der andere nicht!!! Wie lässt sich dieses Phänomen medizinisch erklären? Ich bin etwas verwirrt...
Hedera



Anmeldungsdatum: 08.03.2011
Beiträge: 657

BeitragVerfasst am: 12. Sep 2011 22:43    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn es wirklich eine Erbkrankheit ist, dann kann diese nur mitochondrial vererbt werden. Mitochondiren besitzen eine eigene DNA und beim Menschen werden diese matanal (also von der Mutter ausgehend) weitergegeben bzw. in der Eizellen befinden sich Mitochondrien, die ursprünglich von der Mutter kamen. Diese werden zufällig auf die beiden Kinder verteilt. Da Mitochondiren eben ihrer eigene DNA haben, können sie natürlich auch eigenständig Fehler im Erbgut haben.
Wenn jetzt zB. 10 Mitochondrien von 20 Erbfehler haben und bei der Aufteilung der Mitochondrien hat eines der Kinder alle 10 abbekommen und in der Summe reichen diese 10 aus um die Krankheit auszulösen, dann ist das eine Kind krank und das andere nicht.

Das ist jetzt natürlich ein fitives Beispiel und sehr sehr oberflächlich, erklärt aber im Grunde dein Problem.

Wenn es nun keine Erbkrankheit ist, dann gibt es natürlich noch Außenfaktoren. So wie das Rauchen und der Alkoholkonsum während der Schwangerschaft schädlich sein kann, können auch noch andere Faktoren dazu beitragen. Und es müssen dann nicht unbedingt beide Kinder gleich betroffen sein.
ghazal1986



Anmeldungsdatum: 12.09.2011
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 14. Sep 2011 15:54    Titel: Vielen Dank für die ausführliche Erklärung Antworten mit Zitat

Eins verstehe ich aber nicht. Warum sind eineiige Zwillinge dann so interressant für die Psychologie, wenn das Vererben einer Eigenschaft bei ihnen aus genetischer Sicht nicht die Regel ist?
chefin
Organisator


Anmeldungsdatum: 28.04.2004
Beiträge: 1549
Wohnort: Oberhausen

BeitragVerfasst am: 14. Sep 2011 17:08    Titel: Antworten mit Zitat

Die Zwillingsforschung hat bereits viele Erkenntnisse über Entwicklung von Eigenschaften gewonnen, die zwar in der Anlage vererbt werden, aber ob diese Anlage auch zur Ausprägung kommt, liegt an den Bedingungen, unter denen ein Individuum sich entwickelt und lebt.
So ist z.B. bereits die Versorgung der Embryonen im Mutterleib schon unterschiedlich. Kein Kind wächst unter den haargenau gleichen Bedingungen auf wie ein anderes. Das beginnt damit, dass das eine Kind eher gefüttert wird als sein Zwilling. Da gibt es jede Menge Beispiele und die werden eben von den Neurologen/Psychologen untersucht.
Weiterhin hat man festgestellt, dass es genetische Schalter gibt, die bestimmte Gene an- bzw. abschalten. So hat man z.B. das Rauchen von Eltern/Großeltern zu bestimmten Zeiten auf die Krebsanfälligkeit untersucht.
Es gibt auch einen Gendefekt, der sich anders ausprägt, wenn es eine normale Befruchtung gab, oder eine künstliche. Das sind Forschungsansätze der Epigenetik.
Durch die Zwillingsforschung will man herausfinden, welcher Anteil vererbt wird und wo eine Anpassung durch die Umwelt erfolgt.

_________________
Wissen ist Macht, Nichtwissen macht machtlos
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 14. Sep 2011 23:19    Titel: Re: Eineiige Zwillinge Antworten mit Zitat

ghazal1986 hat Folgendes geschrieben:
Dennoch habe ich vor Kurzem von Fällen gehört, in denen einer von einer Erbkrankheit bzw. einer angeborenen Behinderung betroffen war und der andere nicht!!! Wie lässt sich dieses Phänomen medizinisch erklären?


Das ist z.B. über sog. CNVs zu erklären. CNV bedeutet "copy number variations". Gene besitzen eine unterschiedliche Anzahl von Kopien, es existieren also keinesfalls in jedem Falle zwei Kopien pro Gen (auf jedem Chromosom eines), sondern manchmal nur eine oder gar keine, manchmal aber auch drei, vier, fünf oder noch mehr.
CNVs können auch zur eindeutigen Unterscheidung von Individuen herangezogen werden, ähnlich den Restriktionslängen- oder den single nucleotide polymorphismen.
Interessant ist dabei, dass auch eineiige Zwillinge oft über eine verschiedene Kopienanzahl einzelner Gene verfügen, welches dann im geeigneten Falle zu einer Krankheit bei einem Individuum führen kann.

Auch die bereits von chefin angesprochenen epigenetischen Faktoren, wie z.B. Methylierungs- oder Acetylierungsmuster, können bei eineiigen Zwillingen unterschiedlich sein und in bestimmten Fällen eine Krankheitsrelevanz besitzen.

Hedera hat Folgendes geschrieben:
Wenn es wirklich eine Erbkrankheit ist, dann kann diese nur mitochondrial vererbt werden.


Von mitochondrial vererbten Krankheiten, die nur einen Zwilling betreffen, habe ich noch nicht gehört, obwohl es theoretisch möglich ist. Häufiger scheint aber, dass sich aufgrund der natürlichen Mutationshäufigkeit, die bei mitochondrialem Erbgut höher ist als bei nukleärem, auf diesem Wege Krankheiten einschleichen.
Mutiert also ein Mitochondrium in einem frühen Stadium und verursacht so eine Krankheit bei einem Zwilling, so heisst das nicht, dass auch der andere Zwilling davon betroffen sein muss.
Das wäre dann aber keine vererbte Krankheit, obwohl eine genetische, die noch während der Embryonalentwicklung erworben werden kann.
Betrachtet man auch die hohe Mitochondrienzahl einer Eizelle (ca. 20- 30 tausend) und den Anteil der Mitochondrien, der pathologisch verändert sein muss, um eine Krankheit zu entwickeln, müsste es wirklich ein ausgesprochener Zufall sein, wenn von einer vererbten Krankheit auf diesem Wege nur ein Zwilling betroffen ist.
Wie gesagt, unmöglich ist es nicht, aber sehr unwahrscheinlich und wie erörtert keinesfalls der ausschliessliche Grund dafür, dass von einer Ebkrankheit nur ein Zwilling betroffen ist.

ghazal1986 hat Folgendes geschrieben:
Warum sind eineiige Zwillinge dann so interressant für die Psychologie?


Um ererbte und erworbene Faktoren auseinanderzuhalten. Das Modell mag nicht gänzlich eindeutig sein, aber es ist zum einen das beste System, was uns zur Verfügung steht und zum anderen ist das nukleäre Genom weitgehend dasselbe, zumindest was die Sequenz angeht.
Expressionsmuster verändern sich natürlich über die Zeit, ebenso kann - wie angesprochen- das epigentische Muster ein anderes sein, aber dennoch: Zumindest Veränderungen im Expressionsmuster wären ein erworbener Effekt.
Die gerade psychologische Relevanz kann ich gut nachvollziehen, denn ich bin ein eineiiger Zwilling und mein Bruder und ich teilen häufig die gleichen Gedanken, haben ähnliche Methoden, uns Problemstellungen zu nähern und vieles brauchen wir untereinander gar nicht aussprechen oder sagen im selben Moment das Gleiche, häufig sogar in derselben Wortwahl, obwohl wir unterschiedliche Interessen haben und auch wesentliche Stadien der Entwicklung in der Jugend getrennt voneinander verbracht haben und unterschiedlich aufgezogen wurden.

_________________
RNA?- just another nucleic acid?
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