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Dauerfeuer der Neurone?
 
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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2012 18:56    Titel: Dauerfeuer der Neurone? Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

Ist es tatsächlich so, dass Motoneurone der Skelettmuskulatur unter einer Art Dauerfeuer stehen und die Muskelan- bzw. Entspannung lediglich durch die Aktivierung inhibitorischer Neurone reguliert wird?
Zur Wirkungsweise von Tetanustoxin habe ich nun schon wiederholt gelesen (natürlich auch bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Tetanospasmin), dass es die Ausschüttung der Transmitterstoffe an hemmenden Synapsen auf die Motoneurone unterbindet. Somit käme es dann zu unkontrolierter Muskelkontraktion bzw. anhaltender Erhöhung des Tonus.

Ich kann mir das momentan nur auf zwei Arten erklären:

Entweder das Toxin blockiert die inhibitorischen Neurone und sorgt gleichermaßen für eine dauerhafte Aktivierung der Motoneurone. Das scheint mir aber etwas weit hergeholt, denn dann wäre die Wirkung des Giftes doch sehr vielfältig.
Die andere Möglichkeit wäre aber wohl nur, dass die Motoneurone normalerweise ständig feuern, sodass sie immer dann kontrahieren, wenn die inhibitorischen Neurone dies nicht unterbinden. Auch dies scheint ein wenig komisch, da es wohl auch energieeffizientere Methoden als ein "reguliertes Dauerfeur" gäbe um motorische Leistungen zu koordinieren. Nurkann ich mir die Wirkunsgweise des Tetanustoxins unter einer anderen Vorraussetzung nicht erklären.

Ich schließe daraus einfach mal, dass ich irgendwo einen Denkfehler habe und ich hoffe, dass ihn mir jemand zeigt Zwinkern


Gruß
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2012 20:14    Titel: Re: Dauerfeuer der Neurone? Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Ich schließe daraus einfach mal, dass ich irgendwo einen Denkfehler habe und ich hoffe, dass ihn mir jemand zeigt Zwinkern


Nö, hast du nicht.
Tatsächlich "feuerten" die Motoneurone ständig, bestünde keine Hemmung "von oben". Durchtrennt man die absteigenden Bahnen im Rückenmark resultiert eine spastische Lähmung, also ein dauerkontrahierter Zustand. Deswegen sind Säuglinge auch tendentiell in einer Beugehaltung, weil die Beuger stärker sind als die Strecker und bei Kontraktion beider eben die Beugung überwiegt. bei Säuglingen sind die absteigenden Bahnen nämlich noch nicht ausgebildet, was sich übrigens auch in den sog. Primitivreflexen äussert. Einige davon sind auch ein diagnostisches Kriterium für eine Störung der absteigenden Bahnen, da sie dann wieder auftreten.

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Firelion



Anmeldungsdatum: 27.08.2009
Beiträge: 1878

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2012 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,

@ jörg
das Kleinhirn ist auch ein " Neinsager" oder? Das dazu dient, dass wir uns nicht weh zun, indem wir Bewegungen machen die zu stürzen führen.
Zu den Reflexen die du ansprichst zählt auch das Babinskizeichen, oder ?


EDIT: Zum Kleinhirn: Da zählt der Lerneffekt rein, oder?

LG Firelion

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It is well known that a vital ingredient of success is not knowing that what you’re attempting can’t be done - Terry Pratchett
Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2012 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Antwort!

jörg hat Folgendes geschrieben:
Tatsächlich "feuerten" die Motoneurone ständig, bestünde keine Hemmung "von oben".


Dann geht hier um eine bessere Regulation auf Kosten erhöten Energieverbrauchs?
Wiegesagt war ich vor Allem deshalb skeptisch, weil bei bei entspanntem Zustand der Muskulatur sowohl die aktivierenden Neuronen wie auch die hemmenden gleichermaßen feuern müssten und dies natürlich relativ viel Energie beansprucht. Das ginge auch einfacher, wenn es diesem Fall keine hemmenden Neurone gäbe und die aktivierenden Neurone nur dann feuerten, wenn der Muskel kontrahieren sollte.



jörg hat Folgendes geschrieben:
Deswegen sind Säuglinge auch tendentiell in einer Beugehaltung, weil die Beuger stärker sind als die Strecker und bei Kontraktion beider eben die Beugung überwiegt.


Das ist interessant. Ich dachte eigentlich, dass sich insbesondere das Rückenmark bereits ausbildet und Verbindungen zu "benachbarten" Körperzellen herstellt, ehe diese sich überhaupt zu spezifischen Zellen ausdifferenzieren.
Wenn nun gerade die absteigenden, hemmenden Bahnen selbst im Säuglingsalter noch nicht ausgebildet sind, ist es vielleicht denkbar, dass die so hervorgerufenen Dauerkontraktion und der damit einhergehende Muskelaufbau (Trainingseffekt?) einer positiven Selektion unterlag?


Haben die minimalen Muskelkontraktionen zur Wärmeregulation des Körpers ebenfalls mit diesem "Dauerfeuer" zu tun, oder "lecken" ab und zu Transmitter zu motorischen Endplatte hinüber, auch wenn zuvor kein AP eingetroffen ist?
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2012 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

Firelion hat Folgendes geschrieben:

das Kleinhirn ist auch ein " Neinsager" oder?


Im grossen und ganzen ja. Die efferenten Purkinjezellen nutzen GABA als Transmitter.
Auch mit der "Feinkontrolle" motorischer Abläufe hast du recht.
Es verknüpft optische, vestibuläre und Informationen der Gliedmassenstellung im Raum miteinander und sorgt so für eine ständige Korrektur der Bewegungsabläufe.


Firelion hat Folgendes geschrieben:
Zu den Reflexen die du ansprichst zählt auch das Babinskizeichen, oder ?


Thumbs up!

Firelion hat Folgendes geschrieben:
Zum Kleinhirn: Da zählt der Lerneffekt rein, oder?


Ja auch, aber nahezu jedes Gehirnareal ist lernfähig. Die wichtigste Ausnahme bildet das Stammhirn. Aber das Kleinhirn erhält schon eine Menge von Informationen und verfügt über extrem viele Zellen im Vergleich zu anderen Arealen.
Um diese Frage konkret zu beantworten müsstest du aber konkreter fragen....

Fexx hat Folgendes geschrieben:

Dann geht hier um eine bessere Regulation auf Kosten erhöten Energieverbrauchs?


Das ist nur entwicklungsgeschichtlich zu erklären. Das Grosshirn und seine motorische Kontrolle ist relativ neu in der Evolution, früher musste alles über das Rückenmark, das verlängerte Mark und das Stammhirn reguliert werden.
Also haben diese die erregende Funktion. Die Regulation erfolgte somit über hemmende Bahnen wie eigentlich überall in den efferenten Bahnen des Grosshirns.
Da gibt es einige interessante Geschichten dazu, wie z.B. auch die optische Kontrolle durch Hemmung zustande kommt.
Wenn das Auge sich nicht bewegt, ist es blind, schon nach ca. 1 Sekunde. Deswegen zuckt unser Auge ständig hin und her, auch wenn wir es gar nicht merken. Ein Frosch z.B. hat nun überhaupt keine Mikrozuckungen des Auges, ist also blind, wenn sich nichts in seinem Umkreis bewegt. Nun bewegt ein Frosch aber seinen Brustkorb durch die atmung und siehe da: Er sieht doch etwas, weil sich durch dieses Anheben und Senken des ganzen Körpers nun auch das Auge im Verhältnis zu seiner Umwelt bewegt. Da das Gehirn des Frosches nun aber zuviele Informationen erhält, hemmt das Zwischenhirn diese optische Wahrnehmung, so dass er wieder blind wird. So sieht er nichts ausser halt Bewegungen, weil sich dann die Kontraste ändern. In der weiteren Entwicklung wurde nun, als das Gehirn anfing, die otischen Informationen auch entsprechend auswerten zu können, diese Hemmung wieder gehemmt und so weiter. Im Prinzip kann man vereinfacht sagen, dass fast überall vom Grosshirn gehemmt wird. Braucht man nun aber eine Aktivierung, wird die Hemmung gehemmt.
Wie gesagt, das erklärt sich entwicklungsgeschichtlich.
Ein sehr gutes Argument z.B. gegen intelligent design, weil sich das tatsächlich einfacher und besser machen liesse. Aber dazu braucht man halt ein Gehirn, das bestimmte Informationen überhaupt erst verwerten kann.



Fexx hat Folgendes geschrieben:
Ich dachte eigentlich, dass sich insbesondere das Rückenmark bereits ausbildet und Verbindungen zu "benachbarten" Körperzellen herstellt, ehe diese sich überhaupt zu spezifischen Zellen ausdifferenzieren.


Stimmt auch, das ist aber etwas anderes. Du sprichst hier von den Rückenmarksneuronen und ihrer Kommunikation mit der Körperperipherie. Oben allerdings ging es um das "Kopfhirn" und seine Kommunikation mit dem Rückenmark.
Die Bahnen in die Peripherie sind bei Geburt ausgebildet, sonst wäre der Säugling schlaff. Aber im "Kopfhirn" sind noch nicht einmal alle Zellen an ihren Bestimmungsort gewandert geschweige denn, dass sie Axone ausgebildet haben.


Fexx hat Folgendes geschrieben:
Haben die minimalen Muskelkontraktionen zur Wärmeregulation des Körpers ebenfalls mit diesem "Dauerfeuer" zu tun, oder "lecken" ab und zu Transmitter zu motorischen Endplatte hinüber, auch wenn zuvor kein AP eingetroffen ist?


Der Kältetremor wird über das zerviklae Rückenmark reguliert und hat nichts mit dem von dir genannten zu tun.

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Firelion



Anmeldungsdatum: 27.08.2009
Beiträge: 1878

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2012 21:43    Titel: Antworten mit Zitat

Ah danke smile

Ich meinte das mit dem Lerneffekt beim Kleinhirn so, dass
Kleinkinder noch nicht wissen welche Bewegungen möglich sind ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Wenn die dann stürzen, dann passiert irgendetwas im Kleinhirn (ich vermute mal die Ausbildung von spines (?)) und irgendwann wird diese Bewegung dauerhaft blockiert auch, wenn man sie ausführen wollte.
Kann das nicht auch soweit gehen, dass bestimmte Bewegungen erst mühevoll nach erfolgreicher Therapie z.B. OP wieder gelernt werden müssen, weil man vorher eingespeichert hat ,, Das kann ich nicht. Das tut weh" und selbst, wenn der Grund dafür weg ist das Kleinhirn diese Aktion unterbindet?

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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 17. Apr 2012 18:19    Titel: Antworten mit Zitat

hallo jörg!

jörg hat Folgendes geschrieben:
Das Grosshirn und seine motorische Kontrolle ist relativ neu in der Evolution, früher musste alles über das Rückenmark, das verlängerte Mark und das Stammhirn reguliert werden.
Also haben diese die erregende Funktion. Die Regulation erfolgte somit über hemmende Bahnen wie eigentlich überall in den efferenten Bahnen des Grosshirns.


Hm, dennoch hätte ja auch zu Zeiten der "Stammhirndominanz" eine Regulation der Muskelkontraktion allein über erregende Bahnen stattfinden können - die Hemmung des Antagonisten mal außen vor gelassen.

Aber ich versuche mal zu beschreiben, was ich nun verstanden zu haben glaube:

Ist es womöglich so, dass die motorischen Bahnen des Rückenmarks schon immer eine starke Divergenz aufwiesen (aus Gründen der Raumersparnis) und somit die Aktivität eines weniger Neurone bereits die Kontraktion dutzender Muskel zur Folge hatte? Es mag bei "primitiven" Lebewesen ja noch funktioniert haben, dass jeder Muskel seine eigene Motorische bahn besitzt. Bei Lebewesen wie uns wäre das undenkbar.
Wenn im Falle des Menschen jene motorischen Bahnen aktiviert wären, die einen bestimmten Muskel zur Kontraktion bringen, so wird das Signal mit Sicherheit auch noch zu vielen weiteren Muskelgruppen geleitet, die ebenfalls durch Ausläufer dieser motorischen Bahn innerviert werden. Wenn hier keine Hemmung stattfinden würde, käme eine Kontraktion zahlreicher Muskel zustande.
Da nun immer irgendwelche Muskel unter Spannung stehen (Haltetonus) sind auch immer motorische Bahnen aktiviert. Wird dieses Signal nicht gehemmt, so breitet es sich weit in die Peripherie und zu zahlreichen Muskel aus, welche dann kontrahieren.


Zitat:
Wenn das Auge sich nicht bewegt, ist es blind, schon nach ca. 1 Sekunde. Deswegen zuckt unser Auge ständig hin und her, auch wenn wir es gar nicht merken.


Das Zucken des Auges ist also auf ein temporäres Ausbleiben des hemmenden Signals auf die erregenden Neurone zurückzuführen?

Das sich nicht immer das einfachste Design durchsetzt zeigt das "Froschbeispiel" wirklich gut. es setzt sich wohl immer das durch, was unter den gegebenen Voraussetzungen am besten funktioniert.




Zitat:
Aber im "Kopfhirn" sind noch nicht einmal alle Zellen an ihren Bestimmungsort gewandert geschweige denn, dass sie Axone ausgebildet haben.


Sitzen denn die inhibitorischen Neuronen der Motorik wirklich nur im "Kopfhirn"?


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Firelion hat Folgendes geschrieben:
Ich meinte das mit dem Lerneffekt beim Kleinhirn so, dass
Kleinkinder noch nicht wissen welche Bewegungen möglich sind ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Wenn die dann stürzen, dann passiert irgendetwas im Kleinhirn (ich vermute mal die Ausbildung von spines (?)) und irgendwann wird diese Bewegung dauerhaft blockiert auch, wenn man sie ausführen wollte.


Hallo Firelion,

Wäre das nicht etwas unnatürlich? Kein Kind lernt das laufen ohne ab und zu hinzufallen, auch wenn das fast immer harmlos ist. In der Folge des Übens werden dann vermutlich eher die Bewegungen wiederholt, die nicht zum Hinfallen geführt haben, weil die entsprechenden Nervenleitungen aufgebaut eher verstärkt werden, deren Aktivierung letztlich zum "Erfolg" geführt haben.
Bei schlimmen Stürzen mit ernst zu nehmenden Verletzungen sieht das sicher anders aus, da hier das Laufen generell mit dem Erlebnis verknüpft werden dürfte. Aber das ist ja glücklicherweise nicht die Regel.


Gruß
Firelion



Anmeldungsdatum: 27.08.2009
Beiträge: 1878

BeitragVerfasst am: 17. Apr 2012 19:41    Titel: Antworten mit Zitat

@ Fexx es geht nicht nur um das Laufen sondern auch um solche Sache wie nicht das Standbein weg zu ziehen, wenn du nur auf einem Bein stehst oder nicht zu versuchen dir mit dem rechten großen Zeh im linken Ohr zu kratzen. Bei Erwachsenen sollten solche Bewegungen rechtzeitig unterbunden werden.
Das Kleinhirn das dies kontrolliert arbeitet nur inhibitorisch. Also es kann Bewegungen verhindern oder eben nicht.
Also so eine Art Schutzmechanismus der deinen " Willen" blockieren kann, damit du nicht zu Schaden kommst.

Ich glaube das braucht lange bis das ausgereift ist und man selbst, wenn man auf dumme Ideen kommt das richtig abgeblockt wird.

Ich weiß allerdings nicht wie das mit dem Lernen auf neuronaler Ebene genau abläuft. Vielleicht kann da jörg mehr zu sagen.

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Zuletzt bearbeitet von Firelion am 12. Mai 2012 15:41, insgesamt einmal bearbeitet
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 17. Apr 2012 21:22    Titel: Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:

Hm, dennoch hätte ja auch zu Zeiten der "Stammhirndominanz" eine Regulation der Muskelkontraktion allein über erregende Bahnen stattfinden können - die Hemmung des Antagonisten mal außen vor gelassen.


Nein, das Stammhirn hat nur marginale bis gar keine -zumindest keine direkte- Regulationsfunktion bezüglich der Motorik.


Fexx hat Folgendes geschrieben:
Ist es womöglich so, dass die motorischen Bahnen des Rückenmarks schon immer eine starke Divergenz aufwiesen (aus Gründen der Raumersparnis) und somit die Aktivität eines weniger Neurone bereits die Kontraktion dutzender Muskel zur Folge hatte?


Nö, das ist bei keinem mir bekannten Lebewesen der Fall. Ein Muskel wird über mehrere Motoneurone angesteuert. Die Einheit eines Muskels, die durch ein Motoneuron aktiviert wird, heisst auch motorische Einheit. Über die Rekrutierung verschiendener Anzahl motorischer Einheiten wird auch Kraftregulation vorgenommen.


Fexx hat Folgendes geschrieben:
Es mag bei "primitiven" Lebewesen ja noch funktioniert haben, dass jeder Muskel seine eigene Motorische bahn besitzt. Bei Lebewesen wie uns wäre das undenkbar.


Warum????
Kannst du nicht einen Muskel gezielt ansteuern?
Wenn das nicht der Fall wäre, wäre das Erlernen von Bewegungsabläufen unmöglich. Als Beispiel sei hier Klavierspielen angeführt: Anfangs bewegt der Neuling jeden Finger einzeln, das gekonnte Zusammenspiel der Finger ist noch nicht erlernt. Da es sich auch nicht um einen im Zwischenhirn abgelegten und mit der Geburt erhaltenen Bewegungsablauf handelt, der auf gewisse Schlüsselreize hin aktiviert wird, muss er zwangsläufig das Grosshirn bemühen. Dieses ist aber im Gegensatz zum Zwischenhirn, in dem die Erregung eines Kerngebietes einen komplkexen Bewegungsablauf auslöst, nach einzelnen Muskeln organisiert. So erklärt sich auch die Mühe, mit der dieses Unterfangen behaftet ist, denn die Grosshirnrinde kann nur einzelnen Muskeln Befehle geben. Also versucht der "Lehrling", alle notwendigen Bewegungsabläufe durch gleichzeitige Aktivierung der notwendigen Muskeln durchzuführen. Nun trainiert und übt er fleissig. Das Resultat ist, dass er die eingeübten Bewegungsabläufe in Kerngebieten des Grosshirns "ablegt" und "speichert". Diese sind von der neuronalen Organisation ähnlich den Kerngebieten des Zwischenhirnes, nur dass sie bei Geburt "leer" sind.
Und wenn er fleissig genug geübt hat, kann er es irgendwann. Was bedeutet "Können" in diesem Zusammenhang? Nun, er muss nicht mehr mühselig auf die Grosshirnrinde zurückgreifen, sondern kann nun aus den Kerngebieten einen komplexen Bewegungsablauf aktivieren, der dort gespeichert ist.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Wenn hier keine Hemmung stattfinden würde, käme eine Kontraktion zahlreicher Muskel zustande.


Verwechsele bitte nicht die Hemmung der absteigenden Bahnen mit der Antagonistenhemmung bei Reflexen. Das ist etwas völlig unterschiedliches.



Fexx hat Folgendes geschrieben:
Das Zucken des Auges ist also auf ein temporäres Ausbleiben des hemmenden Signals auf die erregenden Neurone zurückzuführen?


Wenn du das Auge nicht gezielt bewegst, ist diese Hemung kontinuierlich und nicht temporär. Ausserdem ist es auf neuronaler Ebene etwas komplexer, wie ich versucht habe anzudeuten. Wenn du dein Auge gezielt bewegst, zuckt es weniger bis gar nicht, da dann die hemmende Hemmung gehemmt wird.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Das sich nicht immer das einfachste Design durchsetzt zeigt das "Froschbeispiel" wirklich gut. es setzt sich wohl immer das durch, was unter den gegebenen Voraussetzungen am besten funktioniert.


...und es muss immer das genutzt werden, was da ist, auch wenn neue Systeme in der Lage sind, die eigentlichen Eigenschaften des Auges in diesem Fall zu nutzen. Die Evolution kann dann nichts rückgängig machen, sondern muss das Vorhandene in diesem Fall unterdrücken. Für den Frosch ist es nicht sinnvoll, wenn es eine kontinuierliche optische Realität gibt, da sein Gehirn diese Informationen gar nicht auswerten könnte. Für Primaten und andere Säugetiere hingegen war es dann irgendwann sinnvoll, eine kontinuierliche optische Realität zu erfahren. Nun hatte sich aber die Hemmung der bewegungsabhängigen Kontrastierung der Umwelt bereits durchgesetzt, da liess sich nichts rückgängig machen. Also musste eine neue Hemmung her und ein motorisches System, das die "natürliche Blindheit" des Auges kompensiert. So wurde das dann was mit der Kontinuität der optischen Wirklichkeit.


Fexx hat Folgendes geschrieben:
Sitzen denn die inhibitorischen Neuronen der Motorik wirklich nur im "Kopfhirn"?


Nö. Aber andersherum wird ein Schuh daraus: Alle motorischen Bahnen aus dem "Kopfhirn" sind hemmender Natur, aber nicht alle hemmenden Bahnen kommen aus dem "Kopfhirn".
Wie gesagt, verwechsele die inhibitorischen absteigenden Bahnen nicht mit den inhibitorischen Interneuronen im Rückenmark.



Firelion hat Folgendes geschrieben:
Ich meinte das mit dem Lerneffekt beim Kleinhirn so, dass
Kleinkinder noch nicht wissen welche Bewegungen möglich sind ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Wenn die dann stürzen, dann passiert irgendetwas im Kleinhirn (ich vermute mal die Ausbildung von spines (?)) und irgendwann wird diese Bewegung dauerhaft blockiert auch, wenn man sie ausführen wollte.


Das ist richtig, wie gesagt, das Kleinhirn erhält eine Menge Informationen bezüglich der Position des Körpers im Raum, des Gleichgewichtes, der optischen Wahrnehmung, der geplanten und durchgeführten Motorik und integriert diese. Das bedeutet, es hat Anteil an motorischen Lernprozessen wie Balancieren, Einbeinstand, zielgerichtetes Greifen usw. usf.
Mit einem Kleinhirndefekt gehen die betroffenen Individuen breitbasig und können das Gleichgewicht nicht halten, sie können nicht zielgerichtet greifen (Intentionstremor) und verlieren die Orientierung im Raum, wenn man sie mit geschlossenen Augen um 180° dreht. Das Kleinhirn korrigiert ständig die Bewegung, bevor und während sie ausgeführt wird, ansonsten könnten wir fast gar nichts vernünftig machen, weil Bewegungen überschiessend oder unterschwellig wären. Die Integration dieser ganzen Informationen will selbstverständlich auch zu nicht unwesentlichen Anteilen gelernt sein.

Das ausschliesslich durch spines zu erklären, reicht nicht, da nicht nur die Afferenzen, sondern auch die Efferenzen trainiert sein müssen. Zelluläre Speicher und zusätzliche Synapsenbildung wären zwei weitere Stichworte (neben natürlich allen anderen, die mit Lernprozessen in Verbindung gebracht werden können).

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Firelion



Anmeldungsdatum: 27.08.2009
Beiträge: 1878

BeitragVerfasst am: 18. Apr 2012 22:11    Titel: Antworten mit Zitat

Dieser Intentionstremor ist etwas anderes als der Ruhetremor bei Parkinson oder?

Also ist das Kleinhirn unsere Kontrollinstanz die meistens das letzte Wort bei der Motorik hat, wäherend wir unsere Pläne im Großhirn machen?
Also im Großhirn entsteht bildlich bgesprochen die Idee ,, Greif nach dem Glas" dann schalten wir unser Gedächtnisd für " Greifen" hinzu und das Kleinhirn passt auf das wir mit der Bewegung auch das Glas treffen, es sicher zu packen kriegen dabei aber nicht zerdrücken und es dahin manövrieren wo wir es hinhaben möchten ?


Das Kleinhirn bekommt auch Informastionen von der Formatio reticularis um zu wissen in welcher Situation also z.B. Träumen wir sind so dass wir nicht dier Träume ausleben oder ?

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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 18. Apr 2012 22:28    Titel: Antworten mit Zitat

jörg hat Folgendes geschrieben:
Kannst du nicht einen Muskel gezielt ansteuern?
Wenn das nicht der Fall wäre, wäre das Erlernen von Bewegungsabläufen unmöglich.


Ja, sicherlich. Ich dachte (fälschlicherweise), dass motorische Bahnen des Rückenmarks letztlich zu mehreren Muskeln - nicht nur motorischen Einheiten - führen und zwischen diesen Muskeln nur insofern bei der Aktivierung differenziert werden kann, als dass die Hemmung erst in den Ausläufern der motorischen Bahn, also erst in der Peripherie stattfindet. So wäre auch hier eine geziehlte Kontraktion einzelner Muskel möglich und damit das erlernen von komplexen motorischen Leistungen wie dem Klavierspielen.
Ist es nun so, dass bereits im Kopfhirn reguliert wird, welcher Muskel aktiviert werden soll und somit jeder Muskel bereits von hier - oder dem Zwischenhirn? - aus seine "eigene" Nervenleitung hat, ist das etwas anderes.

Nun verstehe ich aber noch immer nicht ganz, warum die motorischen Einheiten des Kopfhirns quasi unter "Dauerfeuer" stehen.
Ich würde ja annehmen, dass es in der Entwicklungsgeschichte zunächst erregende Nervenleitungen gab und die hemmenden erst mit zunehmender Komplexität der Organismen hinzukamen. So könnte ich auch eher nachvollziehen, warum in der motorischen Einheit grundsätzlich erst einmal "gefeuert" wird und die Regulation der efferenten Signale im Rückenmark allein über unmittelbare Hemmung durch inhibitorische Neurone erfolgt.



jörg hat Folgendes geschrieben:
Verwechsele bitte nicht die Hemmung der absteigenden Bahnen mit der Antagonistenhemmung bei Reflexen. Das ist etwas völlig unterschiedliches.


Vermutlich sind die absteigenden motorischen Bahnen Antagonistenhemmung übergeordnet, oder? Ansonsten würde Tetanustoxin ja gerade nicht zur Kontraktion sämtlicher Muskeln führen.


jörg hat Folgendes geschrieben:
Wenn du das Auge nicht gezielt bewegst, ist diese Hemung kontinuierlich und nicht temporär.


Aber wie kommt dann die (unkontrollierte) Zuckung zustande? Müsste hiefür nicht auch die hemmende Nervenleitung gehemmt werden, damit die das erregende Signal zum Tragen kommt?


Gruß
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 18. Apr 2012 22:59    Titel: Antworten mit Zitat

Firelion hat Folgendes geschrieben:
Dieser Intentionstremor ist etwas anderes als der Ruhetremor bei Parkinson oder?


Jap, er äussert sich nur bei gezielten Bewegungen. Das sieht ein bischen verrückt aus, wenn ein Betroffener versucht, z.B. nach einem Glas zu greifen. Der ganze Arm scheint die Kontrolle verloren zu haben und bewegt sich in seinem ganzen Bewegungsumfang unkontrolliert überall hin, nur nicht auf das Glas zu.

Firelion hat Folgendes geschrieben:
Also ist das Kleinhirn unsere Kontrollinstanz die meistens das letzte Wort bei der Motorik hat, wäherend wir unsere Pläne im Großhirn machen?


Thumbs up!
Nicht unbedingt das allerletzte Wort, aber eines der letzten.

Firelion hat Folgendes geschrieben:
Also im Großhirn entsteht bildlich bgesprochen die Idee ,, Greif nach dem Glas" dann schalten wir unser Gedächtnisd für " Greifen" hinzu und das Kleinhirn passt auf das wir mit der Bewegung auch das Glas treffen, es sicher zu packen kriegen dabei aber nicht zerdrücken und es dahin manövrieren wo wir es hinhaben möchten ?


Thumbs up!

Wenn du allerdings schon oft nach einem Glas gegriffen und die Bewegungsabläufe verinnerlicht hast, kommt der Bewegungentwurf nicht von der Grosshirnrinde, sondern aus den subcortikalen Kerngebieten.


Firelion hat Folgendes geschrieben:
Das Kleinhirn bekommt auch Informastionen von der Formatio reticularis um zu wissen in welcher Situation also z.B. Träumen wir sind so dass wir nicht dier Träume ausleben oder ?


Das Kleinhirn bekommt so einige Informationen, auch von der formatio reticularis. Es integriert quasi alle Informationen, die für eine korrekte Ausführung gezielter motorischer Handlungen irgendwie wichtig sein könnten.
An der Beurteilung allerdings, ob wir träumen oder nicht, ist nicht nur das Kleinhirn beteiligt, sondern auch das Grosshirn, indem für die Realitätserfahrung wichtige Informationen wegfallen. Die Dominanz hat hier das Zwischenhirn und das "merken", die anderen Areale (salopp gesagt).

Zitat:
das Gespenst ist eine Projektion des Raubtieres


Fexx hat Folgendes geschrieben:

Ist es nun so, dass bereits im Kopfhirn reguliert wird, welcher Muskel aktiviert werden soll und somit jeder Muskel bereits von hier - oder dem Zwischenhirn? - aus seine "eigene" Nervenleitung hat, ist das etwas anderes.


Auch vom Zwischenhirn ziehen direkt absteigende Fasern zu den Motoneuronen des Rückenmarks. Erregt man allerdings ein Kerngebiet im Zwischenhirn, erfolgt eine komplexe motorische Handlung, die viele Muskeln einbezieht. Reizt man dagegen einen Bereich des Motokortex, so bewegt sich nur ein Muskel. Im Zwischenhirn sind Reaktionen gespeichert, die bei allen Individuen einer Art gleich sind, wie z.B. das Ducken, wenn eine Körper schnell auf einen zukommt.
Da gibt es übrigens ein ganz nettes Experiment, das einfach durchzuführen ist: Bewege einmal eine grossen Schatten von schräg oben kommend, so dass das Objekt, welches den Schatten wirft von dem Probanden nicht gesehen werden kann, wohl aber der Schatten wahrgenommen wird, den es wirft, mit hoher Geschwindigkeit auf jemanden zu. Er wird sich ducken oder zumindest diese Bewegung andeuten. Wiederhole dies nun mit langsamer Geschwindigkeit. Er wird sich nicht ducken, sondern zuerst schauen. Ersteres ist eine Reaktion des Zwischenhirns (Schlüsselreiz: Geschwindigkeit der Veränderung), zu zweiterem wird das Grosshirn rekrutiert (Schauen, was da los ist, bewusste Einornung der Situation). Der Proband darf davon im Vorfeld allerdings nichts wissen, denn sonst hemmt er seine Zwischenhirnreaktion. Ähnliches kann man mit einem lauten Knall direkt neben dem Ohr oder aus weiterer Entfernung provozieren oder mit verschiedenen anderen Situationen. Das Zwischenhirn reagiert also auf Schlüsselreize, die eine gewisse Reizschwelle überschreiten müssen.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Nun verstehe ich aber noch immer nicht ganz, warum die motorischen Einheiten des Kopfhirns quasi unter "Dauerfeuer" stehen.


Tun sie ja nicht unbedingt, die Motoneurone des Rückenmarks stehen ohne "Hemmung von oben" unter Dauerfeuer. Soll ein Muskel angespannt werden, wird die Hemmung weggenommen, soll er entspannt werden, wird er gehemmt.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Ich würde ja annehmen, dass es in der Entwicklungsgeschichte zunächst erregende Nervenleitungen gab und die hemmenden erst mit zunehmender Komplexität der Organismen hinzukamen. So könnte ich auch eher nachvollziehen, warum in der motorischen Einheit grundsätzlich erst einmal "gefeuert" wird und die Regulation der efferenten Signale im Rückenmark allein über unmittelbare Hemmung durch inhibitorische Neurone erfolgt.


Diese Annahme unterstütze ich völlig.


Fexx hat Folgendes geschrieben:
Vermutlich sind die absteigenden motorischen Bahnen Antagonistenhemmung übergeordnet, oder?


Da wird es noch komplexer, denn auch Interneurone werden "von oben" angesteuert. Es gibt ganz schön viele motorische Bahnen im Rückenmark, die aus vielen verschiedenen Arealen des v.a. Zwischen- und Grosshirns kommen und auf die Moto- und Interneurone konvergieren.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Müsste hiefür nicht auch die hemmende Nervenleitung gehemmt werden, damit die das erregende Signal zum Tragen kommt?


Genau. Thumbs up!

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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 21. Apr 2012 18:28    Titel: Antworten mit Zitat

Gut, ich glaube die eingangs gestellte Frage ist nun weitestgehend geklärt, danke!

Aber noch etwas anderes:

jörg hat Folgendes geschrieben:
Auch vom Zwischenhirn ziehen direkt absteigende Fasern zu den Motoneuronen des Rückenmarks. Erregt man allerdings ein Kerngebiet im Zwischenhirn, erfolgt eine komplexe motorische Handlung, die viele Muskeln einbezieht. Reizt man dagegen einen Bereich des Motokortex, so bewegt sich nur ein Muskel. Im Zwischenhirn sind Reaktionen gespeichert, die bei allen Individuen einer Art gleich sind, wie z.B. das Ducken, wenn eine Körper schnell auf einen zukommt.


Aber das Zwischenhirn wird nicht zum Stammhirn gezählt, oder?
Weiter oben schriebst du - wenn ich das richtig verstanden habe - dass das Stammhirn nicht in dem Maße lernfähig sei, wie die übrigen Bereiche des Gehirns. Wenn aber das Zwischenhirn ebenfalls solche allgemeinen Bewegungsabläufe, bzw. Bewegungsreaktionen repräsentiert sind, dann dürfte doch hier ebenfalls keine große Plastizität möglich sein, ansonsten könnte man solche Bewegungsabläufe schließlich verlernen.
Dennoch scheint es ja so, dass im Zwischenhirn auch erlernte Bewegungsabläufe "gespeichert" werden können, wenn dass Zwischenhirn lernfähig ist.
Beinhaltet der Bereich des Zwischenhirns also einerseits "statische Netzwerke", welche die Grundreaktionen bedingen, wie z.B. das Wegducken und andererseits auch Bereiche, die so stark veränderbar sind, dass hier neue Netzwerke entstehen können, die so etwas wie Klavierspielen repräsentieren?

Letztlich lässt sich das aber auf die obige Frage reduzieren: Gehört das Zwischenhirn zum nicht lernfähigen Stammhirn, oder nicht?
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 21. Apr 2012 20:37    Titel: Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Aber das Zwischenhirn wird nicht zum Stammhirn gezählt, oder?


Nö, wird es nicht.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
[...] dann dürfte doch hier ebenfalls keine große Plastizität möglich sein, ansonsten könnte man solche Bewegungsabläufe schließlich verlernen.


Die Begründung ist falsch (man muss hier wieder entwicklungsgeschichtlich argumentieren!), aber dass des Zwischenhirn im Vergleich zum Grosshirn eine wesentlich geringere Plastizität aufweist und amit statischer ist, ist korrekt.
Dazu muss man sich einmal vor Augen halten, dass alle Bewegungsabläufe, die vom Zwischenhirn "befohlen" werden, komplex sind und auf Schlüsselreize zu reagieren. Die Lernfähigkeit des Zwischenhirns besteht also in der Regulation des Schlüsselreizes (also herauf- oder herabsetzen der Reizschwelle) und in der Veränderung von Schlüsselreizen bzw. in der Kopplung von neutralen Reizen an diese Schlüsselreize (Konditionierung). Aber es hat auch bedeutende Areale, welche wie fast die Grosshirnrinde aufgebaut sind und eine sehr grosse Plastizität aufweisen (z.B. Insellappen).
Darüber werden z.B. Gerüche erlernt und entsprechend eingeordnet, um dann mit einer Reaktion verknüpft zu werden. Auch mit dem Gedächtnis und dem Erinnerungsvermögen sind diese Areale assoziiert.
Ferner hat auch das Grosshirn Areale, die wie das Zwischenhirn aufgebaut sind, mit der Ausnahme, dass sie bei der Geburt bzw. ab einer gewissen Reifungsstufe des Gehirnes, leer sind, während im Zwischenhirn die Bewegungsabläufe vorgegeben sind. Reizt man ein Kernareal im Zwischenhirn, zeigt jedes Tier der gleichen Spezies den gleiche Reaktionstypus (nicht dieselbe Reaktion).
In diese Grosshirnkerne (also nicht in der Grosshirnrinde) werden dann die erlernten Bewegungmuster "abgelegt" (wie z.B. das Klavierspielen). Das Zwischenhirn kann solches nicht leisten.

Dennoch scheint es ja so, dass im Zwischenhirn auch erlernte Bewegungsabläufe "gespeichert" werden können, wenn dass Zwischenhirn lernfähig ist. (edit: die kursiv gedruckte Aussage wurde von mir fälschlicherweise nicht als Zitat markiert bzw. aus dem Beitrag gelöscht, entstammt aber Fexx vorangegangenem Beitrag. Inhaltlich steht diese Aussage im Widerspruch zu meinen Darstellungen und hätte in meinem Beitrag nicht auftauchen sollen)

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RNA?- just another nucleic acid?


Zuletzt bearbeitet von jörg am 22. Apr 2012 17:51, insgesamt einmal bearbeitet
Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 22. Apr 2012 15:12    Titel: Antworten mit Zitat

jörg hat Folgendes geschrieben:

Aber es hat auch bedeutende Areale, welche wie fast die Grosshirnrinde aufgebaut sind und eine sehr grosse Plastizität aufweisen (z.B. Insellappen).
Darüber werden z.B. Gerüche erlernt und entsprechend eingeordnet, um dann mit einer Reaktion verknüpft zu werden. Auch mit dem Gedächtnis und dem Erinnerungsvermögen sind diese Areale assoziiert.



Dann ist das Zwischenhirn also in Teilen eher statisch und in einigen Bereichen gewissermaßen "flexibler", also lernfähig? Wenn lediglich die Reaktion nicht, der auslösende Reiz aber doch geändert werden kann, dann dürfte es doch bei den afferenten Fasern in den Bereich des Zwischenhinrs, welche dann zu den dort fest gespeicherten bewegungsabläufen führen, eine hohe Plastizität geben. Nicht aber wäre das bei den Netzwerken der Fall, welche die allgemeinen Bewegungsreaktionen kodieren.
ganz platt gesagt: Die Engänge insZwischenhirn sind veränderbar, aber nicht der Inhalt. Ist das so vorstellbar?

Vermutlich ist es aber in der Praxis schwer, die Grenzen und damit die "Eingänge" ins Zwischenhirn auszumachen. Grenzen in dem Sinne wird es wohl kaum geben.



Zitat:
In diese Grosshirnkerne (also nicht in der Grosshirnrinde) werden dann die erlernten Bewegungmuster "abgelegt" (wie z.B. das Klavierspielen). Das Zwischenhirn kann solches nicht leisten.

Dennoch scheint es ja so, dass im Zwischenhirn auch erlernte Bewegungsabläufe "gespeichert" werden können, wenn dass Zwischenhirn lernfähig ist.



Das verwirrt mich ein wenig: Erlernte Bewegungsabläufe werden also in teilen des Großhirns "abgelegt" während im Zwischenhirn lediglich die Reiz-Reaktions-Kopplung veränderlich ist. So würde ich das Zwischenhirn als lernfähig bezeichnen, wenn auch auf eine andere, eingeschränkte Art.
Nun kann das Zwischenhirn aber doch erlernte Bewegungen "speichern"?


Gruß
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 22. Apr 2012 17:51    Titel: Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:

Nun kann das Zwischenhirn aber doch erlernte Bewegungen "speichern?


Uups, das ist eine Aussage, die du in deinem letzten Beitrag geschrieben hast, ich habe nur irgendwie vergessen, diese aus meinem Beitrag zu löschen bzw. sie als Zitat zu markieren.
Diese Aussage:
Zitat:
Dennoch scheint es ja so, dass im Zwischenhirn auch erlernte Bewegungsabläufe "gespeichert" werden können, wenn dass Zwischenhirn lernfähig ist.

kannst du dir einfach wegdenken. Sorry.

Ebenfalls die folgende Aussage wurde von mir nicht als Zitat markiert, obwohl sie aus deiner Feder stammt:

Fexx hat Folgendes geschrieben:
[...] dann dürfte doch hier ebenfalls keine große Plastizität möglich sein, ansonsten könnte man solche Bewegungsabläufe schließlich verlernen.


Ich habe das in meinem obigen Beitrag nachträglich editiert...

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