Woher kommen Reserven?

Firelion · Anmeldungsdatum: 27.08.2009 Beiträge: 1878

Hi,

ich frage mich, wie es dazu kommt, dass es ab einem bestimmten Grad der Müdigkeit dazu kommen kann, dass man plötzlich wieder hellwach ist? Ist das eine Art Schutzreaktion, bei der es zur Ausschüttung von Adrenalin oder Cortisol kommt, um in einer stressigen Situation überleben zu können?

Ist das auch der Grund warum man nach einer Nacht vollkommen ohne Schlaf teilweise wacher sein kann als nach einer Nacht mit ausreichend Schlaf (wenn auch nicht unbedingt ausgeschlafen) bzw sogar aufgekratzt sein kann ?

Ähnlich mit Hunger, wenn man eine gewisse Zeit nicht isst, obwohl man Hunger hat (z.B.keine Zeit) kann ers manchmal dazukommen, dass das Hungeergefühl weniger wird bis man zum Essen kommt. Dient das dazu noch klar denken zu können und so z.b. nach etwas essbaren suchen zu können?

Ich stell mir das im Moment analog der Unterdrückung bzwe Linderung der Schmerzen nach einer Verletzung durch Endorphine vor, um sich aus der Gefahr retten zu können.

LG und Danke Firelion

Daniel35 · Anmeldungsdatum: 10.09.2012 Beiträge: 511

Ich vermute, dass hier die circadiane Rhythmik eine Rolle spielt. Die stellt fest, dass du jetzt wach zu sein hast und regelt dann hormonell deine Müdigkeit weg.

Firelion · Anmeldungsdatum: 27.08.2009 Beiträge: 1878

Hmm interessante Idee. Das könnte das mit dem ohne Schlaf klar kommen erklären, aber das mit der Müdigkeit die ab einem bestimmten Punkt verschwindet, funktioniert auch abends/nachts wenn noch etwas dringendes erledigt werden muss.

Vermutest du auch, dass das etwas mit dem Hypothalamus generell (nicht nur Nucleus suprachiasmaticus) und den zirkumventrikulären Organen zu tun haben könnte ?

Daniel35 · Anmeldungsdatum: 10.09.2012 Beiträge: 511

Das dürften ja wohl die üblichen verdächtigen sein. Habe vorhin noch etwas bei Science daily über Störungen der inneren Uhr und Hungergefühl im Zusammenhang mit Übergewicht gelesen.

Wenn du natürlich noch was dringendes erledigen musst, werden wohl Stresshormone für Wachheit sorgen.

Firelion · Anmeldungsdatum: 27.08.2009 Beiträge: 1878

Ich hab mich generell darüber gewundert, dass es scheinbar oft einen Punkt gibt bei dem es dem Überschreiten doch noch eine Zeit geht. Das gibt es ja auch beim Ausdauersport.

jörg · Anmeldungsdatum: 12.12.2010 Beiträge: 2107 Wohnort: Bückeburg

Hmm, bei der Müdigkeit würde ich mit den verschiedenen Energiestoffwechselwegen des Gehirns argumentieren. Das Gehirn kann in der Hungerphase nämlich auch aus Ketonkörpern, die bei kataboler Stoffwechsellage anfallen, energetische Derivate synthetisieren, sich also von "Abfallprodukten" ernähren. Die vollständige Umstellung darauf dauert jedoch etwas. Also: Viel Glukose = viel ATP = wenig ADP = wenig ADP-vermittelte Müdigkeit (ADP und Müdigkeit habe ich in folgendem Beitrag schon einmal diskutiert: http://www.bioboard.de/htopic,8172,adp+m%FCdigkeit.html)

Bleibt die Glukose jedoch aus, stellt das Gehirn auf Ketonstoffwechsel um, es ist also trotz Glukosemangel wieder ATP verfügbar, der ADP-Spiegel sinkt, man wird wacher. Dabei reduziert sich jedoch die Leistungsfähigkeit, man beschränkt sich auf nötigeres. Auch Hormone, die den Glukosestoffwechsel beeinflussen, können das bewirken, wie z.B. Adrenalin oder Glukokortikoide, die ja auch eine katabole Stoffwechsellage provozieren. Hier spielt dann auch eine zirkadiane Rhythmik mit hinein, die hypothalamisch reguliert wird. Aber eigentlich bringt man die "innere Uhr" mit Schlafentzugsexzessen eher durcheinander, was v.a. auf Melantonin und Co aus der Epiphyse zurückzuführen ist.

Beim Hunger würde ich u.a. mit der Magendehnung argumentieren. Die Dehnungsrezeptoren der Magenwand registrieren Veränderungen zum Vorwert. War der Magen also gedehnt (entspricht einer Füllung) und erschlafft nun, so reagiert er mit einem hormonellen Hungersignal. Neuronal wird das u.a. auch durch ATP-Mangel repräsentiert. Bleibt er nun länger in diesem Zustand, so adaptieren die Dehnungsrezeptoren (es gibt ja keine Veränderung mehr) und sie hören auf, das Hungersignal zu geben. Neuronal ist nun langsam auf den Ketonstoffwechsel umgestellt und damit sind auch wieder ATP oder andere Energieäquivalente vorhanden. Aber auch hier spielen humorale Signale eine Rolle, wie z.B. das von Fettzellen sezernierte Leptin.

Firelion · Anmeldungsdatum: 27.08.2009 Beiträge: 1878

Ah also kann das mit den Ketokörpern auch schon innerhalb von 24h geschehen?

Diese Reserven sind ja auch stark begrenzt: Wenn es sein muss gehen auchmal 24h ohne Schlaf aber irgendwann bei 30 oder mehr ist dann eine Grenze erreicht, oder? (Nicht das man die absichtlich ausreizen sollte).