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Spiegelzellen und die Räpresentation von Handlungen im Hirn
 
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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 05. Nov 2011 19:17    Titel: Spiegelzellen und die Räpresentation von Handlungen im Hirn Antworten mit Zitat

Hallo allerseits!

Bekanntlich sollen bestimmte Neurone im gehirn ja dafür sorgen, dass beispielsweise bei anderen beobachtete handlungen im eigenen Hirn repräsentiert werden. Soweit ich gelesen habe ging es dabei uhrsprünglich um Affen, deren prämotorischer Cortex auch aktiv war, wenn sie nur mit ansahen, wie der Versuchsleiter einen Ball hob(oder etwas ähnliches). Genau diese Neuronen feurten normalerweise, wenn der Affe selbst den ball hob.

Soweit meine Amateurkenntisse, falls ich bis hierhin schon etwas falsch verstanden habe, bitte schreien Zwinkern

Meine eigentliche Frage ist nun, inwieweit es möglich ist, dass genau die gleichen zellen im Hirn feuern können, aber mit unterschiedlichzen Ergebnissen. Einmal beobachtet der Affe schließlich nur, dann allerdings greift er selbst nach dem Ball - beide male aber angeblich durch die Aktivität derselben Hirnzellen. Wie ist das möglich?

(Vielleicht muss man ja auch streng differenzieren zwischen "Hirnareal" und "Hirnzellen". Wenn in der Bildgebung der motirische bereich aufleuchtet heißt das ja nicht unbedingt, das explizieht dieselben zellen aktiv sind...oder doch?)

Grüße,
Fexx
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 05. Nov 2011 22:12    Titel: Re: Spiegelzellen und die Räpresentation von Handlungen im H Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:

Meine eigentliche Frage ist nun, inwieweit es möglich ist, dass genau die gleichen zellen im Hirn feuern können, aber mit unterschiedlichzen Ergebnissen. Einmal beobachtet der Affe schließlich nur, dann allerdings greift er selbst nach dem Ball - beide male aber angeblich durch die Aktivität derselben Hirnzellen.


Jede Bewegung wird mehrmals von deinem Gehirn vor seiner Ausführung geplant, bereits dann werden die Areale beansprucht. Wenn du dir eine Bewegung nur vorstellst, werden die entsprechenden Areale im Motokortex aktiviert. Interessant ist, dass die Befehle die Muskulatur auch erreichen, bei der Vorstellung von einer Bewegung kommt es zu "Mikrozuckungen" einzelner Muskelfasern, die Hemmung ist aber noch zu gross, so dass die Bewegung "nicht freigegeben" wird. Wenn sie dann jedoch freigegeben wird, ist alles bestens vorbereitet.
Die Beobachtung einer Bewegung lässt uns diese "im Geiste mitmachen", wir präparieren also die entsprechenden Areale, doch hemmen gleichzeitig unsere Muskulatur. Wenn wir diese Bewegung dann nachmachen, rufen wir einen bereits vorhandenen Plan ab.
So ähnlich kann man sich das vorstellen.

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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 05. Nov 2011 23:05    Titel: Re: Spiegelzellen und die Räpresentation von Handlungen im H Antworten mit Zitat

Hallo jörg,

Danke ersteinmal für deine Antwort.
Ein Paar Fragen habe ich aber doch noch:

jörg hat Folgendes geschrieben:
bei der Vorstellung von einer Bewegung kommt es zu "Mikrozuckungen" einzelner Muskelfasern, die Hemmung ist aber noch zu gross, so dass die Bewegung "nicht freigegeben" wird. Wenn sie dann jedoch freigegeben wird, ist alles bestens vorbereitet.


Das ist tatsächlich gut vorstellbar, so bstünde schießlich (prinzipiell) kein Unterschied zwischen Beobachten der Bewegung und wirklicher Ausführung.

Was allerdings die Muskelzuckungen angeht: Sind die nicht immer vorhanden, um den Körper zu wärmen? Ist es erwiesen das die Muskelzuckungen z.B. in der Hand beim Beobachten, wie jemand die Kaffeetasse hebt, auch wirklich intensiver sind, als die Zuckungen um zu wärmen? (Oder stelle ich mir die Wärmeerzeugung der Muskeln falsch vor?)

Das zweite, was mir auch noch nicht so ganz klar ist, ist der Grund für die wirkliche Muskelkontraktion, um die zuvor nur imaginäre Bewegung auszuführen. Was blockiert den Muskel, wenn man sich die Bewegung nur vorstellt? Eigentlich muss das doch auch im Gehirn repräsentiert sein...

Gruß
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 06. Nov 2011 00:00    Titel: Re: Spiegelzellen und die Räpresentation von Handlungen im H Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:

Ist es erwiesen das die Muskelzuckungen z.B. in der Hand beim Beobachten, wie jemand die Kaffeetasse hebt, auch wirklich intensiver sind, als die Zuckungen um zu wärmen?


Studien bei Beobachtungen von Bewegungen sind mir dazu nicht bekannt, aber wenn ein Entspannter (z.B. im Rahmen einer progressiven Muskelentspannung) dazu angeregt wird, sich eine bekannte Bewegung vorzustellen, nehmen die nicht sichtbaren Zuckungen in den Muskeln, die für diese Bewegung benötigt würden zu.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Das zweite, was mir auch noch nicht so ganz klar ist, ist der Grund für die wirkliche Muskelkontraktion, um die zuvor nur imaginäre Bewegung auszuführen. Was blockiert den Muskel, wenn man sich die Bewegung nur vorstellt? Eigentlich muss das doch auch im Gehirn repräsentiert sein...


Das ist sehr komplex und bedarf näherer Einsichten in sowohl die Ordnung und Hierarchie des Nervensystems als auch in die Art der Bahnen.
Nur soviel: Die Bahnen vom Rückenmark zum Muskel sind aktivierende Bahnen, sie kontrahierten also alle Muskeln, würden sie nicht von den Bahnen, die vom Zwischenhirn absteigen gehemmt. Sind diese hemmenden Bahnen durchtrennt, hätte das eine Spastik zur Folge.
Alle Bahnen, die vom Grosshirn absteigen, durchlaufen das Zwischenhirn und werden hier teilweise nochmal verschaltet. Regulatorische Bahnen beginnen auch im Kleinhirn und anderen Arealen und steigen von diort aus ab. Alles im Gehirn kann hemmend oder fördernd sein, die absteigenden motorischen Bahnen sind aber stets hemmend.

Es fehlt also nach der Handlungsplanung die Enthemmung gewisser Bahnen, die Feinregulation durch das Kleinhirn und einiges anderes, die Gehirnareale also, die neben dem Motokortex noch für das ausführen einer gerichteten Bewegung benötigt werden, haben ihre Anordnungen noch nicht erhalten.
Auch ist die Reizschwelle am Axonhügel der Motokortikalen Neurone bei vielen Zellen noch nicht erreicht, es ist zwar Aktivität vorhanden, die reicht aber nicht aus, um eine ausreichende Anzahl motorischer Einehiten anzuregen. Der Befehl aus den Assoziationskortizes könnte dann das nötige Summationssignal liefern. Die genauen Zusammenhänge sind aber noch weitestgehend unbekannt, das sind lediglich Modelle, wie es sein könnte.

Es gibt aber auch Leute, die jede Bewegung mitmachen, zumindest in Ansätzen, ihre Hand zuckt sichtbar oder hebt sich sogar kurz, wenn ihr Gegenüber zur Kaffeetasse greift, ihre Lippen machen jede Mundbewegung ihres Gegenübers beim Sprechen mit oder ähnliches. Hier kann die Aktivität der Spiegelneurone gut beobachtet werden.
Wie gesagt, es sind eine Menge Faktoren, die eine Bewegung einleiten und die genauen Zusammenhänge sind oft gar nicht mal bekannt, weswegen solche Beobachtungen der neuronalen Aktivität von derartiger Bedeutung sind.
Alle Theorie liefert bezüglich des Gehirnes Modelle, von denen wir nicht wissen, ob sie so zutreffen.

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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 06. Nov 2011 00:39    Titel: Re: Spiegelzellen und die Räpresentation von Handlungen im H Antworten mit Zitat

jörg hat Folgendes geschrieben:


Nur soviel: Die Bahnen vom Rückenmark zum Muskel sind aktivierende Bahnen, sie kontrahierten also alle Muskeln, würden sie nicht von den Bahnen, die vom Zwischenhirn absteigen gehemmt. Sind diese hemmenden Bahnen durchtrennt, hätte das eine Spastik zur Folge.
Alle Bahnen, die vom Grosshirn absteigen, durchlaufen das Zwischenhirn und werden hier teilweise nochmal verschaltet. Regulatorische Bahnen beginnen auch im Kleinhirn und anderen Arealen und steigen von diort aus ab. Alles im Gehirn kann hemmend oder fördernd sein, die absteigenden motorischen Bahnen sind aber stets hemmend.



Danke für die Erörterung! Diese anatomischen Sachkenntisse fehlen mir zugegebenermaßen Zwinkern



Zitat:
Auch ist die Reizschwelle am Axonhügel der Motokortikalen Neurone bei vielen Zellen noch nicht erreicht, es ist zwar Aktivität vorhanden, die reicht aber nicht aus, um eine ausreichende Anzahl motorischer Einehiten anzuregen.


Das hieße allerdings, dass die Vorstellung einer Bewegung der tatsächlichen Durchführung nicht exakt gleichkommt - sehe ich das richtig?
Auch wenn es nur um die Intensität der Signalübertragung geht, besteht schließlich ein Unterschied. Und das nicht zuletzt deshalb, weil dann eine tatsächliche Durchführung der Bewegung (also die "Benutzung" der entsprechenden Nervenbahnen) einen größeren Lerneffekt hätte, als die bloße Aktivierung über Spiegelneuronen. (Oder?)

Gruß
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 06. Nov 2011 00:49    Titel: Re: Spiegelzellen und die Räpresentation von Handlungen im H Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:

Das hieße allerdings, dass die Vorstellung einer Bewegung der tatsächlichen Durchführung nicht exakt gleichkommt - sehe ich das richtig?


Das stimmt. Es wurde auch nur die Aktivität von Arealen des Motokortex gezeigt. Für den sensorischen Kortex gilt ähnliches.
Denke ich z.B. gerade an meinen großen Zeh, sind die gleichen Areale dort aktiv wie bei einer Berührung.


Fexx hat Folgendes geschrieben:
Auch wenn es nur um die Intensität der Signalübertragung geht, besteht schließlich ein Unterschied.


Ein exaktes Gleichkommen beinhaltete zudem die Ausführung der Bewegung selbst.



Fexx hat Folgendes geschrieben:
[...] dann eine tatsächliche Durchführung der Bewegung [...] einen größeren Lerneffekt hätte, als die bloße Aktivierung über Spiegelneuronen. (Oder?)


Nachmachen ist immer besser als Vorstellen. Dann zeigt sich auch, welcher Qualität die Vorstellung war, denn nicht allzu selten bemerken wir, dass wir nicht gut genug aufgepasst haben und uns die "kleinen Kniffe" eines vorgemachten Handgriffes verborgen blieben. Zwinkern

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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 06. Nov 2011 15:08    Titel: Antworten mit Zitat

Gut, ich denke soweit ist meine Frage beantwortet Zwinkern

Ich habe allerdings noch eine andere, für die ich jetzt nicht unbedingt ein neues Thema aufmachen will - es geht um die Spiegelneuronen als solche.

Ich habe vor kurzem einen Artikel gelesen, dass mithielfe der Spiegelzellen bei Schlaganfallpatienten (die nun wieder neuen) Bewegungsmuster des Alltags erlernt werden können, indem man sie ihnen vormacht. Dies sollte angeblich helfen, obwohl der motorische Kortex durch den Schlaganfall geschädigt wurde.

(Ich kann den Artikel auch gern noch einmal suchen und hier angeben.)

Meine Frage nun: Wie können die zum Motocortex gehörenden Spielzellen noch so arbeiten wie zuvor, obwohl doch genau dieser Bereich geschädigt wurde? Oder ist dieser Spiegelneuronen-Komplex tatsächlich über das gesamte Gehirn verteilt und völlig unabhängig davon, in welchem Bereich die einzelnen Zellen nun liegen?

Mir scheint, als ob man mit diesen Spiegelneuronen Dinge zu erklären versucht, obwohl man noch gar nicht so richtig weiß, was sie sind und wie sie funktionieren.

Gruß
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
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BeitragVerfasst am: 07. Nov 2011 09:48    Titel: Antworten mit Zitat

Es wird angenommen (und es gibt auch gute Indizien dafür), dass ein untereinander verknüpftes Netz von Spiegelneuronen existiert, die eine Rolle im Erkennen, Wiedererkennen und Ausführen von Handlungen spielen.
Man kann dabei Spiegelneurone, die exakt dieselbe Handlung "spiegeln" von solchen abgrenzen, die alternative Handlungen mit dem gleichen Ziel virtuell "nachmachen".
Beobachte ich nun eine komplexe Handlung (z.B. im Theater oder Film), die eine komplexe motorische Handlung mit Sprache und einer emotionalen Komponente repräsentiert, so spiegele ich nicht nur den motorischen Aspekt, sondern alle: Im Geiste wiederhole ich die Handlungen, die Worte und die Emotionalität. Schaut mich jemand traurig an, spiegele ich virtuell seine Trauer und mache nicht nur den Gesichtsausdruck nach.
Das ist Bestandteil des Prinzipes "Empathie".
Dabei sind die Spiegelneuronen nicht irgendwie "willkürlich" über das Gehirn verteilt, sondern sie haben "ihre Plätze" im Motorkortex, im assoziativen Sprachkortex, im limbischen System u.v.a.


Dazu sei noch etwas über die Plastizität des Gehirnes gesagt:
Das Grosshirn hat eine vertikale sowie eine horizontale Ordnung, die Areale sind also in "Schichten" und in "Säulen" gegliedert. Die einzelnen Säulen z.B. des Motokortex sind dabei für einzelne motorische Systemeinheiten zuständig, während die Schichten hinsichtlich ihrer Funktionalität aufgebaut sind. Alle Schichten in einer Säule versorgen jedoch die gleiche motorische Einheit.
Wenn nun eine Säule -durch was auch immer- ausfällt, so kann die benachbarte Säule deren Funktion übernehmen. Fällt eine Muskelgruppe aus, doch die Intaktheit der Säule bleibt bestehen, so kann sie andere Aufgaben übernehmen. Also kann z.B. ein Sänger, der einen Arm verliert, die Säulen, die den Arm einst versorgt haben, für seine Sprachmotorik rekrutieren. Ebenso kann jemand, dem gerade eine Säule zugrunde ging und der dadurch seinen prinzipiell noch funktionsfähigen Arm nicht mehr bewegen kann, benachbarte Säulen rekrutieren, um seinen Arm wieder bewegen zu lernen. Bei diesem Prozess helfen ihm die Spiegelneuronen, die ihm das Muster einer Bewegung bzw. einer assoziierten Bewegung mit dem gleichen Ziel vorgeben.
Ein weiterer Punkt ist, dass sich die Neuronen des Grosshirns von ihrer zellulären Anlage her eigentlich nicht unterscheiden, ihre Funktion wird durch den Ort bestimmt, an den sie im Laufe der Individualentwicklung wandern. Jede Zelle macht also (etwas plakativ und reduziert formuliert) das gleiche, ihre Aufgabe wird dadurch determiniert, wo sie sich befindet. Also hätte ein Spiegelneuron (wieder etwas plakativ) genausogut ein Motoneuron sein können und umgekehrt. Es ist, was es ist, weil es ist, wo es ist.

Fexx hat Folgendes geschrieben:

Mir scheint, als ob man mit diesen Spiegelneuronen Dinge zu erklären versucht, obwohl man noch gar nicht so richtig weiß, was sie sind und wie sie funktionieren.


Das stimmt bedingt, da ihre Entdeckung recht neu ist (ich glaube Mitte-Ende der 90er bei Makakken) und unsere Kenntnisse über das Gehirn marginal sind, weiss man natürlich wenig (denke einmal daran, was für kryptische Eigenschaften der Genetik unterstellt wurden, bevor die DNA-Struktur sowie Replikations-, Mutagenese- und Transkriptionsmodelle entwickelt waren) .
Es ist ein Modell, mit dem man nun Dinge zu erklären versucht, die eine "Neuro-black-box" waren, wie z.B. die Entwicklung sozialer Kompetenzen u.a.
Die Forderung nach Spiegelneuronen besteht, da EEG-Studien sowie einige bildgebende Verfahren eben die Beobachtung machten, dass Abläufe im Geiste gespiegelt werden.
Isolierte man die Neuronen und züchtete sie in der Zellkultur, wäre (abgesehen davon, dass es echt schwierig ist, Neuronen zu kultivieren, da sie sich nicht mehr teilen und äusserst anspruchsvoll hinsichtlich ihres Milieus sind) ihre Aufgabe nicht zu untersuchen, das geht nur am Lebenden. Zudem ist eine Kultivierung von neuronalen Netzwerken unmöglich, da sich diese eben durch eine bestimmte Verknüpfung auszeichnen, die so niemals ex vivo zu rekonstruieren ist. Deswegen ist es so schwierig, das Gehirn zu studieren.
Isoliert man ein z.B. Motoneuron, ist es hinterher nur noch ein beliebiges Neuron, das in Zellkultur das gleiche macht, wie andere Neuronen auch: Aktionspotentiale generieren. Das Geheimnis des Gehirnes liegt in seiner Ordnung und Verknüpfung und weniger in der Morphologie seiner Zellen (natürlich auch, da ist aber zumindest beim Grosshirn die Frage, was wodurch bedingt wird; die verschiedenen Bereiche wie Grosshirn, Kleinhirn, Zwischenheirn unterscheiden sich selbstverständlich auch primär morphologisch)

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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 07. Nov 2011 18:46    Titel: Antworten mit Zitat

jörg hat Folgendes geschrieben:
Es wird angenommen (und es gibt auch gute Indizien dafür), dass ein untereinander verknüpftes Netz von Spiegelneuronen existiert, die eine Rolle im Erkennen, Wiedererkennen und Ausführen von Handlungen spielen.
Man kann dabei Spiegelneurone, die exakt dieselbe Handlung "spiegeln" von solchen abgrenzen, die alternative Handlungen mit dem gleichen Ziel virtuell "nachmachen".


Bei einer solchen Beobachtung (mittels bildgebender Verfahren(?)) kann man aber lediglich feststellen, welche Neuronen feuern wenn ein bestimmter Reiz auf den Probanden ausgeübt wird - zum Beispiel, dass er mit einem fröhlichen Menschen konfrontiert wird. Nun sieht man, dass das Glückzentrum (möglicherweise der Nucleus Accumbens...?), oder eben die entsprechende Areale abenfalls aktiv sind.
Dies wäre aber auch dann der Fall, wenn der Proband aus anderen Gründen glücklich wäre, also weil er villeichtunerwartet ein Geldstück findet. Ein Unterschied zwischen "gespiegelter" und tatsächlicher Emotion in der Hirnaktivität (mit Ausnahme vielleicht der Inetensität) gäbe es wohl nicht.

Vielleicht ist das beispiel mit dem Belohnungssystem im Gehirn etwas unglücklich. Was ich aber sagen will, ist, dass man etwas beobachtet (die "funktionelle" Person lächelt, der Proband reagiert ähnlich) und daraus Beziehungen zu erkennen glaubt (der Proband reagiert so,
weil die funktionelle Person es tut).
Nun freut man sich über diese bahnbrechende Erkenntis und denkt sich schnell einen schönen Zelltyp aus, der den beobachteten Verhaltensweisen zufrunde liegen soll - die Spiegelneuronen.

Natürlich - und das hast du ja auch geschrieben - ist in der Hirnforschung noch sehr vieles nicht so ganz klar und vielleicht kann man deshalb wirklich nicht sagen "Das ist eine Spiegelzelle und die funktioniert so und so.".
Aber einfach auf einer Erkenntis aufzubauen, die nicht gesichert ist, kann doch nicht ganz richtig sein.

Inwieweit die besagten Spiegelzellen auch nach Ausfall eines Hirnarela fuktionieren könnten, glaube ich allerdings jetzt verstanden zu haben - danke für die Erklärung Zwinkern

----------------------------
Edit: Um mein Unverständnis vielleicht etwas genauer darzulegen: IN Bezug auf Empathie wurden meines Wissens nach die Spiegelneuronen als alleiniger Auslöser benannt. Sie Sorgen angeblich dafür, dass man die Handlung des gegenübers als solche erkennen und auf sich selbst übertragen kann. Was aber, wenn ein glücklicher Mensch vielleicht anders riechen würde als ein trauriger und die ausgesendeten Duftstoffe auf die Stimmung des gegenübers einwirkten. Dann wären es nicht die Spiegelneuronen, die am eigentlichen "Spiegeln" der Empfindung beteiligt wären.

Ich bin keineswegs überzeugt davon, dass es so ist. Das soll nur ein Beispiel dafür sein, dass die Spiegelneuronen nicht unbedingt das sein müssen, wofür man sie im Moment hält.

Wenn ich einfach nur schwer von Begriff sein sollte, bitte ich das zu entschuldigen.
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
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BeitragVerfasst am: 07. Nov 2011 19:49    Titel: Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Bei einer solchen Beobachtung (mittels bildgebender Verfahren(?)) kann man aber lediglich feststellen, welche Neuronen feuern wenn ein bestimmter Reiz auf den Probanden ausgeübt wird


Mit Bildgebung können leider keine "feuernden Neuronen" dargestellt werden, sondern z.B. Aktivität durch radioaktiv markierte Transmitter oder der Glucosestoffwechsel durch markierte Glucose.


Fexx hat Folgendes geschrieben:
Was ich aber sagen will, ist, dass man etwas beobachtet (die "funktionelle" Person lächelt, der Proband reagiert ähnlich) und daraus Beziehungen zu erkennen glaubt (der Proband reagiert so,
weil die funktionelle Person es tut).


Um diese Beziehung herstellen zu können, bedarf es einer isolierten Situation, in der eben möglichst auszuschliessen ist, dass ein anderer Zusammenhang bestehen könnte. Gänzlich kann man das nie, deswegen nutzt man auch die Darstellung über sog. evozierte Potentiale, damit möglichst alle Einflüsse, die der Proband in die experimentelle Situation mitbringt, subtrahiert. Es werden nur die Reaktionen registriert, die durch z.B. Ansehen eines Bildes neu hinzukommen.
Zudem ist der experimentelle Rahmen isoliert, das heisst, er findet in der Situation kein Geldstück (um auf dein Beispiel zurückzukommen), die die Reaktion erklären kann, da ist nur er und das Bild.

Zudem scheint das "Spiegeln" eine Eigenschaft des Telencephalons zu sein, wozu der Ncl. Accumbens nicht unbedingt gehört. Ausserdem ist dieser im EEG nicht zu registrieren, doch das nur am Rande.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
und denkt sich schnell einen schönen Zelltyp aus, der den beobachteten Verhaltensweisen zufrunde liegen soll - die Spiegelneuronen.


Das ist kein eigener Zelltyp, sondern eine Eigenschaft von Neuronen der cortikalen Areale.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
kann man deshalb wirklich nicht sagen "Das ist eine Spiegelzelle und die funktioniert so und so.".


Selbst wenn du eine Spiegelzelle isoliert hättest, könntest du nicht prüfen, ob es eine ist. Es ist dann ein Neuron wie alle anderen.
Man hat einer Funktion ein morphologisches Gesicht verliehen.



Fexx hat Folgendes geschrieben:
Aber einfach auf einer Erkenntis aufzubauen, die nicht gesichert ist, kann doch nicht ganz richtig sein.


Doch, denn nur, wenn Hypothesen weiter verfolgt werden, können sie validiert werden. Alles fing mit einer mehr oder weniger gewagten Hypothese an, die auf der Grundlage von Beobachtungen gemacht wurde.

Hast du Karl Popper mal gelesen?
Der sagt sogar, dass eine Hypothese gar nicht gewagt genug sein kann, denn durch die Weiterverfolgung wird sie sich automatisch veri- oder falsifizieren. Alles, was im Laufe seiner Entwicklung nicht widerlegt werden kann, werden wir für wahr halten.


Fexx hat Folgendes geschrieben:
Was aber, wenn ein glücklicher Mensch vielleicht anders riechen würde als ein trauriger und die ausgesendeten Duftstoffe auf die Stimmung des gegenübers einwirkten. Dann wären es nicht die Spiegelneuronen, die am eigentlichen "Spiegeln" der Empfindung beteiligt wären.


Deswegen auch die isolierte Situation und das Zeigen von Bildern und Bildabläufen.
Für den Geruch gilt aber ähnliches: Du bist bei der Oma deiner Freundin zu Besuch, die ein gericht kocht, das es bei deiner Oma auch immer gab, wenn ihr sie besuchtet. Es riecht wie bei deiner Oma in der Küche und langsam beginnt diese andere Küche sich zu verwandeln, du fühlst dich, als wärst du in der Küche deiner Oma, mehr als nur der Geruch stimmt für dich überein, das Bild verwandelt sich.
Ich würde auch dies eine Form des Spiegelns nennen.
Der Effekt des Spiegelns ist nicht erst seit Postulierung der Spiegelneuronen beschrieben, vielmehr ist mit den Spiegelneuronen ein morphologisches Korrelat einer bekannten Funktion beschrieben.
Die Funktion der Vererbung war ja auch lange vor Entwicklung der Molekularbiologie bekannt.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Ich bin keineswegs überzeugt davon, dass es so ist. Das soll nur ein Beispiel dafür sein, dass die Spiegelneuronen nicht unbedingt das sein müssen, wofür man sie im Moment hält.


Man weiss doch noch gar nicht, wofür man sie halten soll.
Ich weiss ja nicht, was die "wissenschaftliche Regenbogenpresse" daraus macht, es ist aber schon manchmal recht lustig, was da so geschrieben wird (manchmal ist es auch ganz gut, ich will hier keine Zeitschrift fertig machen).
Ich habe meine Informationen aus Fachartikeln und da ist man vorsichtig an dem thema, obwohl eigentlich niemand mehr bezweifelt, dass das "Spiegeln" eine Funktion des Grosshirns ist und mit Lernprozessen in Verbindung zu bringen ist, dass also z.B. das vermögen, Empathie zu empfinden und eine soziale Kompetenz zu entwickeln, in grossen Teilen erlernt ist und keine rein genetisch determinierte Eigenschaft. Klarheit über diese Einsicht ist auch Verdienst des Entdeckens der Spiegelneuronen.

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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
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BeitragVerfasst am: 07. Nov 2011 22:26    Titel: Antworten mit Zitat

jörg hat Folgendes geschrieben:

Mit Bildgebung können leider keine "feuernden Neuronen" dargestellt werden, sondern z.B. Aktivität durch radioaktiv markierte Transmitter oder der Glucosestoffwechsel durch markierte Glucose.


Oh, na gut, aber vermutlich ist es wohl auch nur eine Frage der Zeit bis es bessere und einfachere Methoden der Bildgebung gibt.
Aber habe ich das richtig verstanden: Man kann tatsächlich die Transmitter radioaktiv markieren? So misst man doch (indirekt) auch das eigentliche "feuern" der Nervenzellen...?
Aber gut, vermutlich kann man solch eine Methode nur bei Diagnosefällen nutzen und nicht bei irgendwelchen Studien um etwaige Neuronen zu beobachten.



Zitat:
Um diese Beziehung herstellen zu können, bedarf es einer isolierten Situation, in der eben möglichst auszuschliessen ist, dass ein anderer Zusammenhang bestehen könnte. Gänzlich kann man das nie, deswegen nutzt man auch die Darstellung über sog. evozierte Potentiale, damit möglichst alle Einflüsse, die der Proband in die experimentelle Situation mitbringt, subtrahiert.



Gut, man kann also ziemlich verlässlich annehmen, dass die Reaktion des Probanden mit dem Bild zusammenhängt. Nur wie erklärt man sich, dass die Emphatie (beim Bild des lächelnden Gesichts) nur mittels der Spiegelneuronen im Gehirn geschieht?
Im Prinzip war die (überraschende) Aktivität des Motokortex bei den Makaken doch auch nur der Anzeiger dafür, dass der Affe die Handbewegung als solche erkennt. Den genauen Mechanismus dieses Vorgangs kennt man noch nicht - oder?


Zitat:
Zudem scheint das "Spiegeln" eine Eigenschaft des Telencephalons zu sein, wozu der Ncl. Accumbens nicht unbedingt gehört. Ausserdem ist dieser im EEG nicht zu registrieren, doch das nur am Rande.


Ist das Telencephalon nur der hintere Bereich der Großhirnrinde?
Eigentlich müsste der N. Accumbens - falls dieser Teil wirklich für die "Belohnung" zuständig ist - doch ebenfalls mit Spiegelneuronen versehen sein. Schließlich ist Freude doch sogar bei virtuellen Personen, wie zum Beispiel bei solchen im Film, gewissermaßen ansteckend.


Zitat:
Selbst wenn du eine Spiegelzelle isoliert hättest, könntest du nicht prüfen, ob es eine ist. Es ist dann ein Neuron wie alle anderen.
Man hat einer Funktion ein morphologisches Gesicht verliehen.


Gut, damit ist dieser Irrtum meinerseits wohl beseitigt. Smile

Nur fällt es mir jetzt ehrlich gesagt noch schwerer, mir etwas unter Spiegelneuronen vorzustellen: Prinzipiell sind sie in zahlreichen Bereichen meines Hirns vorhanden, aber doch nicht auszumachen.

Aber um nochmal zu den Methoden der Bildgebung zurückzukommen: Wenn man die Aktivität einzelner Neurone beobachten könnte, müsste man auch die Spiegelneurone - oder die Zellen, die in dem Moment der Messung als Spiegelneurone fungieren - ausmachen können, oder?
Es müsste nur möglich sein, beispielsweise im Motokortex derart genaue Beobachtungen zu machen, dass man die Unterschiede in der Menge der feuernden Neurone beim Beobachten des Ballhebens (um bei den Makkaken zu bleiben) zum aktiven Ballheben sehen könnte?

Oder hängt die Funktion eines Neurons, bzw. die Bedeutung der neuronalen Aktivität für den Organismus auch noch von der Art der verwendeten Transmitter ab?


Zitat:
Doch, denn nur, wenn Hypothesen weiter verfolgt werden, können sie validiert werden. Alles fing mit einer mehr oder weniger gewagten Hypothese an, die auf der Grundlage von Beobachtungen gemacht wurde.


Ja, da ist etwas wahres drann! Die Wahrscheinlichkeit, dass man mit einer Hypothese auch weiterkommt ist aber wohl größer, wenn diese erste Hypothese schon einigermaßen gesichert war - aber in einigen Fällen ist das wohl wirklich nicht möglich.
Popper habe ich nocht nicht gelesen, das wird sich aber hoffentlich noch ändern.



Zitat:
Du bist bei der Oma deiner Freundin zu Besuch, die ein gericht kocht, das es bei deiner Oma auch immer gab, wenn ihr sie besuchtet. Es riecht wie bei deiner Oma in der Küche und langsam beginnt diese andere Küche sich zu verwandeln, du fühlst dich, als wärst du in der Küche deiner Oma, mehr als nur der Geruch stimmt für dich überein, das Bild verwandelt sich.
Ich würde auch dies eine Form des Spiegelns nennen.


Wobei es beim "Spiegeln" doch eher um das Erkennen der tatsächlichen Gefühle oder Handlungen eines anderen geht und nicht zwingend um die Interpretation aufgrund eigener Erfahrungen.
Wenn ich den Geruch in einer fremden Küche mit dem aus den Töpfen meiner Oma in Verbindung bringe und die fremde Küche deshalb falsch interpretiere, dann ist das ja nicht unbedingt vorteilhaft Zwinkern


Zitat:
Die Funktion der Vererbung war ja auch lange vor Entwicklung der Molekularbiologie bekannt.


Das beruhigt mich ungemein! Vorrausgesetzt natürlich die Wissenschaft macht in Bezug auf Emphatie genau solche Fortschritte, wie sie es mit (und in) der Genetik getan hat.


Zitat:
Ich habe meine Informationen aus Fachartikeln und da ist man vorsichtig an dem thema, obwohl eigentlich niemand mehr bezweifelt, dass das "Spiegeln" eine Funktion des Grosshirns ist und mit Lernprozessen in Verbindung zu bringen ist, dass also z.B. das vermögen, Empathie zu empfinden und eine soziale Kompetenz zu entwickeln, in grossen Teilen erlernt ist und keine rein genetisch determinierte Eigenschaft. Klarheit über diese Einsicht ist auch Verdienst des Entdeckens der Spiegelneuronen.



Ich weiß nicht, ob es erlaubt ist hier Zeitschriften zu nennen: Ich kann nur sagen, dass ich bisher kaum einen Blick in die renomierten Wissenschaftsblätter werfen konnte. Aber selbst bei der "Regenbogenpresse" ist man bestimmt nicht ganz schlecht beraten, sofern man mehrere Meinungen zu einem Thema einholen kann - nicht zuletzt dank des Internets.

Was die Funktion des "Spiegelns" angeht, so stimme dem völlig zu: Wenn ich aufgrund von Emphatie die Gefühle der mir Nahestehenden teilen kann, so kann ich mich natürlich auch besser in die Gruppe integrieren - und die Bedeutung des Lerneffekts ist wohl offensichtlich.
Ob genetisch bedingt oder nichtist wohl schwer zu sagen: Man kann natürlich behaupten, dass ein Kind lacht wenn die Mutter lacht. Und wo sollte es das gelernt haben? Andererseits kann man das Kind wohl kaum allen äußeren Einflüssen entziehen und somit festststellen was genetisch bedingt ist und was erlernt wurde.
Aber bei den Spiegelneuronen ist es wohl auch eher der (physiologische) Mechanismus, der noch nicht so ganz geklärt wurde - oder mir noch nicht ganz klar ist - und nicht unbedingt der Vorteil der Eigenschaft an sich.

Gruß
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
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BeitragVerfasst am: 07. Nov 2011 23:43    Titel: Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:
So misst man doch (indirekt) auch das eigentliche "feuern" der Nervenzellen...?
Aber gut, vermutlich kann man solch eine Methode nur bei Diagnosefällen nutzen und nicht bei irgendwelchen Studien um etwaige Neuronen zu beobachten.


Damit führt man vor allem Transmitterbindungsstudien durch und schaut, welche Transmitter wo binden und wie die Zielzellen darauf reagieren.




Fexx hat Folgendes geschrieben:
Nur wie erklärt man sich, dass die Emphatie (beim Bild des lächelnden Gesichts) nur mittels der Spiegelneuronen im Gehirn geschieht?


Man hat die Neuronen, die das machen einfach so genannt ohne zu wissen, ob es eine Funktionen aller Neuronen ist oder speziell sublokalisierter.

Fexx hat Folgendes geschrieben:
Im Prinzip war die (überraschende) Aktivität des Motokortex bei den Makaken doch auch nur der Anzeiger dafür, dass der Affe die Handbewegung als solche erkennt.


Nein, denn das Erkennen erfolgt über sensorische Areale, es sei denn, du meinst ein "aktives" Erkennen, das eben mit dem Begriff des Spiegelns belegt wurde.



Fexx hat Folgendes geschrieben:
Den genauen Mechanismus dieses Vorgangs kennt man noch nicht - oder?


Es ist wie gesagt schwierig oder sogar fast unmöglich, Neuroneninteraktion zu zeigen, man kann Aktivität von Arealen zeigen und das Verhalten des einzelnen Neurons studieren, das Verhalten in Neuronenverbänden und neuronalen Netzwerken ist aber schwierig bzw. mit derzeitigen Methoden kaum möglich.




Fexx hat Folgendes geschrieben:
Ist das Telencephalon nur der hintere Bereich der Großhirnrinde?


Telencephaon ist fast synonym für Grosshirn.
Der Ncl. accumbens gehört da zwar entwicklungsgeschichtlich zu, liegt aber nicht im Kortex. Ich habe da vergessen, "kortikal" vor Telencephalon zu schreiben, sorry. Ich meinte damit also die Grosshirnrinde, der Ncl. Accumbens gehört zu den Kerngebieten.
Ich will nicht ausschliessen, dass dort Spiegelneuronen existieren.
Doch musst du dir klar machen, dass Aktivitäten im Rindenbereich auch stets auf Kerngebiete des Gross- und Zwischenhirns projizieren. Eine weitere Schwierigkeit: Was ist primär und was Projektion?



Fexx hat Folgendes geschrieben:
Wenn man die Aktivität einzelner Neurone beobachten könnte, müsste man auch die Spiegelneurone - oder die Zellen, die in dem Moment der Messung als Spiegelneurone fungieren - ausmachen können, oder?
Es müsste nur möglich sein, beispielsweise im Motokortex derart genaue Beobachtungen zu machen, dass man die Unterschiede in der Menge der feuernden Neurone beim Beobachten des Ballhebens (um bei den Makkaken zu bleiben) zum aktiven Ballheben sehen könnte?


Prinzipiell korrekt. Nur wie bereits erwähnt, gibt es da gewisse Schwierigkeiten.
Dazu noch einmal: Es ist wirklich schwierig bis unmöglich, kleinere neuronale Netzwerke zu studieren.
Wenn wir das allerdings könnten, liesse sich auch definitiv unterscheiden, ob diese Funktion prinzipiell jedem Neuron zukommt oder ob es speziell positionierte Zellen sind. Solange postulieren wir Zellen, die eine gewisse Funktion haben, weil die Funktion beobachtbar ist. Wir beschränken uns also auf Aktivitätsmessungen in Arealen, die aufgrund des zunehmenden Auflösungsvermögens zwar immer kleiner werden, aber noch nicht das zelluläre Niveau erreicht haben. Irgendwann sind auch stets physikalische Grenzen vorhanden, die überwunden werden müssen.
Ich bin aber auch kein Fachmann auf diesem Gebiet.

Interessant ist vielleicht noch, dass die "Spiegelaktivität" bei bestimmten Formen des Autismus nicht nachweisbar waren, obwohl die sensorischen Bereiche Aktivität zeigten und alles darauf hindeutete, dass die Bewegungen wahrgenommen wurden. Somit hat das Modell wie ich finde schon eine Berechtigung.

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RNA?- just another nucleic acid?
Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 08. Nov 2011 18:49    Titel: Antworten mit Zitat

jörg hat Folgendes geschrieben:

Damit führt man vor allem Transmitterbindungsstudien durch und schaut, welche Transmitter wo binden und wie die Zielzellen darauf reagieren.



Wurden denn bereits verscheidene Transmitter in einem Hirnareal festgestellt - oder haben die Zellen eines Areals auf verschiedene Transmitter reagiert?

Und falls es so ist, kann man dann auch feststellen, obdieselben mit unterschiedlichen Transmittern "gearbeitet" haben, oder ist die Bildgebung mittels radioaktiver Markierung (u.ä.) dann doch zu ungenau und man kann lediglich Bereiche im groben ausmachen?

(Edit: Womöglich erübrigt sich diese Frage auch, da auch hier methodische Grenzen erreicht sind...)


Zitat:
das Erkennen erfolgt über sensorische Areale, es sei denn, du meinst ein "aktives" Erkennen, das eben mit dem Begriff des Spiegelns belegt wurde.


Ich bin mir nicht ganz sicher, was du mit "aktivem" Erkennen meinst. Ich wollte sagen, dass die Aktivierung der motorischen Areale bei den Makaken der Anzeiger dafür war, dass der Affe die Aktion auch wirklich als "Greifen nach dem Ball" verstanden hat. Wenn nicht dieselben Areale ansprechen würden - das behaupte ich einfach mal - könnte er wohlkaum nachfühlen, was der Mensch mit dem Ball gerade tut.

So weiß man eigentlich nur dass der Affe die Aktion (das Greifen) verstanden und richtig wahgenommen hat. Wie sein Körper das aber genau angestellt hat, dass die Neuronen dieselbe Aktivität zeigen, als wenn der Affe selbst den Ball heben würde, bleibt wohl offen.


Zitat:
Es ist wie gesagt schwierig oder sogar fast unmöglich, Neuroneninteraktion zu zeigen, man kann Aktivität von Arealen zeigen und das Verhalten des einzelnen Neurons studieren, das Verhalten in Neuronenverbänden und neuronalen Netzwerken ist aber schwierig bzw. mit derzeitigen Methoden kaum möglich.


Hm, das kann ich wohl nur hinnehmen.


Zitat:
Doch musst du dir klar machen, dass Aktivitäten im Rindenbereich auch stets auf Kerngebiete des Gross- und Zwischenhirns projizieren. Eine weitere Schwierigkeit: Was ist primär und was Projektion?


Das wäre dann wohl die Frage nach dem Huhn und dem Ei, was? Zwinkern

Aber theoretisch müssten ja minimale zeitliche Unterschiede zwischen dem jeweiligen Beginn der Aktivität in den einzelnen Hirnbereichen zu messen sein. Aber ich nehme mal an, dass das praktisch einfach noch nicht möglich ist. Wie ja offenbar (leider!) so vieles in den Neurowissenschaften..



Zitat:
Es ist wirklich schwierig bis unmöglich, kleinere neuronale Netzwerke zu studieren.
Wenn wir das allerdings könnten, liesse sich auch definitiv unterscheiden, ob diese Funktion prinzipiell jedem Neuron zukommt oder ob es speziell positionierte Zellen sind. Solange postulieren wir Zellen, die eine gewisse Funktion haben, weil die Funktion beobachtbar ist. Wir beschränken uns also auf Aktivitätsmessungen in Arealen, die aufgrund des zunehmenden Auflösungsvermögens zwar immer kleiner werden, aber noch nicht das zelluläre Niveau erreicht haben. Irgendwann sind auch stets physikalische Grenzen vorhanden, die überwunden werden müssen.


Gut, damit erübrigen sich vielleicht die obigen Fragen in Bezug auf die Neurone und die jeweils verwendeten Transmitter.

Wenigsten kann man aber sagen, dass die Wissenschaft und Technik schon oft Grenzen überwunden hat, wo man es zuvor nicht zu glauben gewagt hätte - warum also nicht auch (weiterhin) in der Hirnforschung?


Zitat:
Interessant ist vielleicht noch, dass die "Spiegelaktivität" bei bestimmten Formen des Autismus nicht nachweisbar waren, obwohl die sensorischen Bereiche Aktivität zeigten und alles darauf hindeutete, dass die Bewegungen wahrgenommen wurden.


Was deutete denn darauf hin, dass die Bewegungen auch wirklich als Bewegungen erkannt wurden? Wenn nicht die gleichen Areale aktiv waren, dann haben die autistischen Menschen vielleicht nur erkannt, dass sich da etwas/jemand bewegt, aber nicht wie. Oder meinstest du das anders?

Ich dachte eigentlich, dass der Autismus (auch wenn es wohl zahlreiche Formen davon gibt) meist die emotionale "Spiegelung" unterdrückt und nicht die Aktivierung des Motokortex.
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 09. Nov 2011 09:12    Titel: Antworten mit Zitat

Fexx hat Folgendes geschrieben:
man kann lediglich Bereiche im groben ausmachen?


Eher dieses, doch wo genau die methodischen Grenzen sind, kann ich nicht sagen, ich weiss auch nicht mehr genau, in welchem Zusammenhang zu den Spiegelzellen ich das konkret gelesen habe, ist schon etwas her....


Fexx hat Folgendes geschrieben:
So weiß man eigentlich nur dass der Affe die Aktion (das Greifen) verstanden und richtig wahgenommen hat. Wie sein Körper das aber genau angestellt hat, dass die Neuronen dieselbe Aktivität zeigen, als wenn der Affe selbst den Ball heben würde, bleibt wohl offen.


Da drehen wir uns im Kreise. Selbstverständlich hast du recht und genau dieses "Verständnis" über Funktion und Konsequenz der Bewegung wurde mit dem Modell der Spiegelneuronen charakterisiert.
Das "Wie" auf neuronaler Netzwerkebene ist natürlich nicht geklärt, also wie das Netwerk der Spiegelneurone organisiert ist und welche konkreten Verknüpfungen da bestehen. Generell kann man aber vom Gehirn, dass alle Bereiche mittelbar oder unmittelbar hemmend oder erregend miteinander verknüpft sind.




Fexx hat Folgendes geschrieben:
Aber theoretisch müssten ja minimale zeitliche Unterschiede zwischen dem jeweiligen Beginn der Aktivität in den einzelnen Hirnbereichen zu messen sein.


Ja, doch ist die Reizleitung manchmal erstaunlich schnell, also meine peripheren motorischen Nerven haben eine Geschwindigkeit von ca. 80km/h. Bei den kurzen Strecken (im cm-Bereich) muss man ersteinmal Zeitverschiebungen registrieren können, zumal es ja möglich ist, dass der "Sehkortex" (lobus occipitalis) oder am Sehen beteiligte Zwischenhirnareale (wie z.B. corpus geniculatum laterale) schon auf verschiedene Areale projiziert und der Reiz dann an mehreren Orten gemeinsam einläuft. Das ist auch schwierig zu sagen bzw. zu messen. Man kann dann sagen: Diese und jene Areale sind aktiv und anhand der Verknüpfungen aus feingeweblichen Untersuchungen Hypothesen aufstellen, ein direktes Messen wird aber schwierig.




Fexx hat Folgendes geschrieben:
Ich dachte eigentlich, dass der Autismus (auch wenn es wohl zahlreiche Formen davon gibt) meist die emotionale "Spiegelung" unterdrückt und nicht die Aktivierung des Motokortex.


Das ist eine Eigenschaft aller Autismusformen, es gibt jedoch Unterformen, die auch die motorische Spiegelung betreffen (nagele mich nicht darauf fest, ich glaube aber, mich zu erinnern, dass es sich um den "Kanner-Typ" handelt).
Die Aktivierung des Motokortex bei eigenen Bewegungsabläufen ist da gewährleistet, jedoch die Spiegelung bei beobachteten Vorgängen ist reduziert bzw. fehlt.
Dass die bewegung wahrgenommen wurde, kann anhand der Aktivität in den zuständigen sensorischen Bereichen gezeigt werden.
Entweder es funktioniert also eine Bahn nicht ganz richtig oder/und die Fähigkeit der Zellen ist reduziert. Ich nehme an, ersteres.
Und ich glaube auch, dass das Spiegeln eine Fähigkeit der Neuronen an sich ist und dass es keiner speziellen Sublokalisation bedarf, das ist aber ein Glaube, hat also ohne die nötige Evidenz einen eher religiösen Charakter.

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Fexx



Anmeldungsdatum: 05.11.2011
Beiträge: 279

BeitragVerfasst am: 09. Nov 2011 16:20    Titel: Antworten mit Zitat

jörg hat Folgendes geschrieben:

Und ich glaube auch, dass das Spiegeln eine Fähigkeit der Neuronen an sich ist und dass es keiner speziellen Sublokalisation bedarf, das ist aber ein Glaube, hat also ohne die nötige Evidenz einen eher religiösen Charakter.


Auch Spiegelneurone müssten irgendwie aktiviert werden, also auf einen Reiz von außen ansprechen, genauso wie alle anderen (sensorischen) Neuronen auch. Sogesehen wären sie (die Spiegelzellen) nur ein weiteres Glied in der Informationskette vom Sehen des Ballhebens bis zur eigentlichn Vorstellung davon, also dem "Spiegeln". Da scheint es doch gar nicht so abwegig, dass in Wahrheit gleich dir richtigen Zellen angesprochen werden, und so das vermeindliche Spiegeln erzeugt wird. Wenn das der Fall wäre, hätte man zumindest Energie gespahrt.
Aber wie du schon sagtest: Auch das ist natührlich sehr hypothetisch.


Aber ich glaube nun hast du meine Fragen weitesgehend geklärt oder ich weiß zumindest, warum sie momentan noch nicht beantwortet werden können. Vielen Dank dafür!
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