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Steuerung Zelldifferenzierung
 
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MaxE



Anmeldungsdatum: 03.08.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 03. Aug 2014 15:05    Titel: Steuerung Zelldifferenzierung Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Die Zelldifferenzierung (Morphogenese) wird als DNA gesteuert beschrieben. Gleichzeitig wird gelehrt, jede Zelle in einem Organismus habe identische DNA, d.h. einen identischen Bauplan (genetischer Fingerabdruck). Frage: Wie ist Differenzierung bei identischer Bauanweisung möglich?
Es werden "Schaltungen", aktive und inaktive Gene, Homöoboxen, Sequenzen etc. beobachtet und deren Prozessabläufe beschrieben, aber immer nur "wie" sie ablaufen und nicht "was" sie auslöst.

Meine Ideen:
Nach den Modellen und Theorien der Molekularbiologie dürfte es eigentlich, da kausal-determiniert durch (DNA)-Chemie und Physik, keine "Schaltungen" geben, sondern bestenfalls uniforme amorphe Zellhaufen. Allenfalls könnten Umweltfaktoren etwas "formen", aber sicher nicht DNA.
Firelion



Anmeldungsdatum: 27.08.2009
Beiträge: 1878

BeitragVerfasst am: 03. Aug 2014 15:16    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,

zwar hat jede Zelle die gleiche DNA, aber durch Epigenetik lässt sich beeinflussen wo welche Gene aktiv sind.

Epigenetische Modifkationen verändern nicht die Basensequenz der DNA aber die ,,Zugänglichkeit" der DNA für Transkriptionsfaktoren. Dies erfolgt z.B, durch Acetylierung und Methylierung.

Das kann sehr effektiv sein. Egal ob Mann oder Frau: in jeder Körperzelle ist nur ein X Chromosom aktiv. Das zweite ist bis auf ein kleines stück das dem Y- Chromosom analog inaktiv.

LG Firelion

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It is well known that a vital ingredient of success is not knowing that what you’re attempting can’t be done - Terry Pratchett
MaxE



Anmeldungsdatum: 03.08.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 04. Aug 2014 15:30    Titel: Steuerung Zelldifferenzierung Antworten mit Zitat

Danke, aber:
Das Problem wird mit Epigenetik nicht gelöst, sondern nur nach aussen (Umwelt) verschoben. Irgendetwas müsste ja auch die epigenetischen Prozesse auslösen und diese Impulse müssen innerhalb der sich teilenden Zellen wirksam werden, damit meine Kinder Menschen werden und sogar mir gleichen. Nach den Lehren der Genetik ist dafür die DNA zuständig, was aber logisch unmöglich ist. Kausale Determination lässt eben bei der Zellteilung per Definition keine "Schaltungen" bei identischem Bauplan (DNA) zu.
Man müsste das Kriterium "kausal determiniert" aufgeben, womit aber Molekularbiologie keine Wissenschaft mehr wäre. Oder man müsste nichtphysische Einflüsse wie z.B. "Morphogenetische Felder" oder Energieen unbekannter Art postulieren, was aber ebenfalls unwissenschaftlich wäre.
????
MaxE
Firelion



Anmeldungsdatum: 27.08.2009
Beiträge: 1878

BeitragVerfasst am: 04. Aug 2014 15:40    Titel: Antworten mit Zitat

Epigenetische Modifikationen können auch zum Teil verrebt werden.
Als Beispiel:
Das Pradar-Willi - Syndrom wird nur vom Vater vererbt,obwohl der Defekt auf Chromosom 15 also einem Autosom liegt.

Das Angelman Syndrom wird nur von der Mutter vererbt, obwohl der Defekt auf Chromosom 15 also einem Autosom liegt.

In beiden Fällen ist der selbe Chromosomenabschnitt also auch die selben Gene betroffen. Allerdings werden bestimmte Gene nur vom mütterlichen und bestimmte Gene nur vom väterlichen Chromosom abgelesen.


Ansonsten solltest du dich mal mit der Embryogenese beschäftigen. Je nachdem welche Botenstoffe in welcher Konzentration auf eine Zelle einwirken, verändert diese ihr Expressionsprofil.

Dass lässt sich auch experimentell zeigen. In vitro ist es inzwischen mögliche differenzierte Zellen wieder in Stammzellen um zu wandeln und diese in beliebige andere Zellarten zu differenzieren ohne die Sequenz der DNA zu verändern.

_________________
It is well known that a vital ingredient of success is not knowing that what you’re attempting can’t be done - Terry Pratchett
MaxE



Anmeldungsdatum: 03.08.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 04. Aug 2014 16:37    Titel: Steuerung Zelldifferenzierung Antworten mit Zitat

Embryogenese habe ich ebenso wie Basis-Molekularbiologie studiert, wenn auch nicht mit Uni-Abschluss. Die erwähnten Prozesse sind mir bekannt (Forschung von Walter Gehring, Homöobox etc.), aber eben nur als bis ins Detail beschriebene Prozesse. Beispiel:".....dann teilt sich die Zelle....., anschliessend verlieren einige ektodermale Zellen E-Cadherin, wodurch ......" etc. Diese Prozesse, z.B. dass Botenstoffe und deren Konzentrationen wirken und nur bestimmte Sequenzen abgelesen werden etc. bezweifle ich nicht. Ich nehme doch an, dass die Forscher korrekt beobachten. Nur: Beobachtungen sind noch keine Erklärungen zur Ursache. Und solche habe ich leider bisher in keinem Fachbuch gefunden, was so überraschend wie störend ist.
Übrigens: ich habe diese Frage vier Biologie-Fakultäten von Hochschulen in der Schweiz gestellt und nur von einer unbefriedigende Antworten (Prozessbeschrieb) erhalten. Sei's drum, jedenfalls danke für die Bemühungen.
MaxE
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 04. Aug 2014 17:51    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht hilft es dir, wenn wir einmal Abstand von einer kausal-deterministischen Sichtweise nehmen, ohne sie dann gleich als unwissenschaftlich abzutun, denn wir können nach den modernen Erkenntnistheorien (da sind sich die verschiedenen Schulen einig) gar keine Kausalketten dem Wahrheitsgehalt von Argumentationsketten zugrunde legen. Wir befinden uns also in einer modal-deskriptiven Argumentation. Wenn also lediglich das Aufdecken von Kausalketten wissenschaftlich wäre, hätte noch nie ein Mensch Wissenschaft betrieben.
Was also tut Wissenschaft? Sie versucht, beobachtbaren Phänomenen Gesetzmässigkeiten zuzuordnen, nicht mehr und nicht weniger. Wir können annehmen, dass es Kausalzusammenhänge zwischen diesem und jenem gibt, was wir allerdings belegen können, ist eigentlich nicht viel. Wir können niemals letztgültig beweisen, ob ein Gesetz, das wir formuliert haben, tatsächlich wahr ist, alle Wahrheit ist in letzter Instanz eine Hypothese und sollte auch als solche behandelt werden.
Wann jedoch können wir etwas als wahr annehemen? (ich spreche hier nicht von aussagelogischen Formalitäten, sondern von empirischen Wissenschaften)
Dazu haben wir geschickte experimentelle Anordnungen gewählt, die uns zumindest zeigen lassen, dass im Besten Fall die Alternativen, die sich uns bieten, ausgeschlossen werden können.
Das mag sehr theoretisch klingen, hat aber durchaus praktische Relevanz. Nehmen wir einmal die Aussage "alle Schwäne sind weiß", so kannst du bis zum Sanktnimmerleinstag Schwäne zählen, die allesamt weiss sind und du wirst niemals wirklich alle Schwäne zu jedem Zeitpunkt erfasst haben. Also geht die Wissenschaft einen anderen Weg: Sie versucht, einen schwarzen Schwan zu finden, der die Aussage widerlegt. Kann die Aussage nicht widerlegt werden, so dürfen wir sie vorübergehend für wahr halten. Damit allerdings nicht jeder Unsinn für wahr gehalten wird, gibt es auch strenge Kriterien für das Formulieren einer wissenschaftlichen Aussage. Ein wichtiges ist die Falsifizierbakeit. Zusammen mit verschiedenen Objektivitätskriterien und einer geschickten experimentellen Praxis kann man dann Systeme konstruieren, in denen man Gesetze entdeckt, in Form von Experimenten die richtigen Fragen an sie richtet, die man dann in einem (günstigerweise in mehreren) anderen experimentellen Systemen zu verneinen sucht. Lässt sich die Aussage in allen vorstellbaren experimentellen Systemen nicht verneinen, dürfen wir sie für wahr halten.
Es wäre dabei müssig, alle Kriterien und Maßstäbe, die man anlegen kann, hier anzureissen, aber wichtig für diese Vorgehensweise waren Robert Koch, Karl Popper, Gerhard Vollmer und nicht zuletzt viele Mathematiker (z.B. Herr Gauß), die die Gesetzmässigkeiten des Zufalls zu beschreiben verstanden.
In diesem, über Generationen gereiften und stets reifenden Komplex können wir Wissenschaft betreiben ohne die Forderung nach einer kausal-deterministischen Ereignisfolge, wie Kant oder Lamarck sie gefordert hatten.

_________________
RNA?- just another nucleic acid?
MaxE



Anmeldungsdatum: 03.08.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 05. Aug 2014 18:20    Titel: Steuerung Zelldifferenzierung Antworten mit Zitat

Hi,
Es mag sein, dass meine Ausbildung (Maschienenbau) und mein Alter (1943) mich zu stark die Verbindung von Wissenschaft und Kausalität gelehrt haben. Trotzdem (oder deswegen): Eine Theorie oder eine Modellvorstellung sollte keine grundsätzlichen Widersprüche enthalten, weil sie dadurch schon falsifiziert ist. Auch die empirische Forschung (Experimente) dient normalerweise der Bestätigung von Theorien und Vermutungen, sowie dem Erkennen kausaler Zusammenhänge. Ausser man würde einfach einwenig "Labor spielen" wollen, was ich aber nicht hoffe. Insbesondere nicht, wenn es um die Konstruktion neuer Lebewesen und damit die Destrukturierung des Genpools (Artengrenzen) geht. Wenn bei der Morphogenese von durchschnittlich 400 Versuchen ein einziger ein verwertbares (und oft unerwartetes) Resultat bringt, muss ich davon ausgehen, dass die zu verifizierenden Annahmen falsch waren. Nur reproduzierbare Resultate bei gegen 100% der Versuche bedeuten Verifizierung (auch kausaler Zusammenhänge). Bezüglich Zelldifferenzierung
scheinen keine derartigen Resultate vorhanden zu sein. Das war schon vor zwanzig Jahren nicht der Fall und ich wollte mit der Frage den Fortschritt der Erkenntnisse erfahren. Danke für die Antworten.
MaxE
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 07. Aug 2014 10:54    Titel: Re: Steuerung Zelldifferenzierung Antworten mit Zitat

MaxE hat Folgendes geschrieben:
Auch die empirische Forschung (Experimente) dient normalerweise der Bestätigung von Theorien und Vermutungen, sowie dem Erkennen kausaler Zusammenhänge.


Das ist ein -leider auch unter Wissenschaftlern- weit verbreiteter Irrtum. Wir können gar nicht verifizieren! Wir können "nur" vorübergehend unter Berücksictigung der technologischen Mittel falsifizieren. Wir müssen also eine Hypothese aufstellen (woher wir die nehmen, sei einmal dahingestellt) und beginnen nun, ein System zu etablieren, das im besten Fall nur zwei Möglichkeiten zulässt. In dem einfachsten Fall wären diese beiden Hypothesen: (1) es ist soundso und (2) es ist nicht soundso. Wir nennen das "Nullhypothese" (2) und "Alternativhypothese" (1). (2) ist dabei die einfache Verneinung von (1). Wir versuchen also, (1) zu verneinen. Gelingt uns dies nicht, so können wir (1) für wahr halten, ohne wirklich zu wissen, ob sie wirklich wahr ist. Im Mindesten jedoch muss eine gewisse Isomorphie zur Wahrheit vorliegen. Wir können also keine Aussage über eine "wirkliche" Wahrheit treffen, sondern bezeichnen Isomorphien zu Wahrheiten. Mit den wissenschaftlichen Methoden müssten wir uns so immer mehr der "wirklichen" Wahrheit nähern, in dem Wissen, dass wir sie wohl niemals in ihrer Gänze erfassen können. Der Grad der Erkenntnis ist dabei mittlerweile rcht hoch, der Grad der Komplexität ist jedoch eher nicht so. Wir können also hochwertige Isomorphien zu "Einzelwahrheiten" erfassen, jedoch "komplex Wahreheiten" nur schwach erahnen, hier sind wir noch immer auf "schwächere Erkenntnisgrade" wie unsere Erfahrung angewiesen.
Ähnliches gilt für Kausalitäten, auch hier müssen wir uns mit "niederen" Erkenntnisgraden begnügen, wollen wir ein komplexes Bild erstellen. Was wir jedoch hypothetisch können, ist das Erfassen von Modalitäten. Wir können also "Wie-Folgen" erstellen, jedoch keine "Warum-Folgen". Auch dieses Problem ist erkenntnistheoretischer Natur. Und selbst die modalen Folgerungen sind eingeschränkt erfassbar.
Insgesamt "opfern" wir also Kausalität und Verifizierbarkeit, um überhaupt irgendeine Aussage über die Wahrheit treffen zu können.

Und du hast völlig recht: Treten grundsätzliche Widersprüche auf, stimmt irgendetwas nicht, aber dennoch können zwei widersprüchliche Modelle jeweils Teile der beobachtbaren Phänomene erklären. nehmen wir einmal zwei mittlerweile etwas veraltete Atommodelle, die sich lange Jahre widersprüchlich gegenüberstanden und von denen doch jedes in der Lage war, gewisse Eigenschaften einiger Atome zu erklären. Was ist nun das "wahre Modell"? Vermutlich keines von Beiden, aber dennoch konnten Chemiker lange Zeit produktiv damit arbeiten. Ähnliches gilt z.B. für die Newtonsche Physik. Sie kann eine große Bandbreite von Ereignissen erklären und stimmt doch mit vielen modernen Erkenntnissen nicht überein. Dennoch ist sie anwendbar und weist eine gewisse Isomorphie zur Wahrheit auf. Und eben weil die Isomorphie relativ groß ist, werden sowohl die Newtonsche Physik als auch das Atommodell nach Bohr noch immer gelehrt und zur Erklärung einiger Naturphänomene herangezogen.
Ein schönes Beispiel ist der Begriff der Energie: Lange Jahre suchten Physiker nach einer kausalen Begriffsklärung und alles, was sie hatten, war folgender Lehrsatz: "Energie ist proportional zu Masse mal Beschleunigung". Heute lautet der Lehrsatz: "Energie ist gleich Masse mal Beschleunigung". So wurde durch die Änderung eines Definitionsbegriffes das Problem der Kausalität umgangen. Wir wissen noch immer nicht, was Energie eigentlich ist und warum sie wie und wann entfaltet wird, dennoch können wir sie produktiv anwenden: Wir können Energie berechnen, manipulieren und den Energiebegriff in vielen Bereichen anwenden. Die Fragen nach Kausalitäten führen immer in das sog. "Münchhausen-Trilemma":
(1) zu einem Zirkelschluss, (die Conclusio soll die Prämisse beweisen, benötigt diese aber, um die Conclusio zu formulieren) oder
(2) zu einem Infiniten Regress (es wird immer wieder eine neue Hypothese über die Begründbarkeit eines letzten Grundes formuliert, die sich jedoch wiederum als unzureichend erweist oder wieder in einen Zirkel führt) oder
(3) zum Abbruch des Verfahrens.

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RNA?- just another nucleic acid?
MaxE



Anmeldungsdatum: 03.08.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 10. Aug 2014 17:41    Titel: Steuerung Zelldifferenzierung Antworten mit Zitat

Interessant, wie eine modale "Wie-Folgerung" Erkenntnistheorieantworten erzeugt. Als philosophisch gebildeter Generalist (mit Spezialgebiet Materie-Geist-Problem) verstehe ich deine Antworten gut. Also lasse ich mal Kausalität beiseite, obwohl in der Fachliteratur oft von molekularbiologischen "Mechanismen" und "Maschienen" gesprochen wird. "Wahrheit" war nie gefragt. Ich bin aber immer noch der Meinung, dass Erkenntnis ohne kausale Zusammenhänge diffus oder gar keine ist. Beschrieb von Beobachtungen sind keine Erkenntnisse.
Zur Frage: Die Hypothese "DNA=Bauplan der Zelle und Steuerung der Differenzierung" war schon vor 20 Jahren derart grundsätzlich widersprüchlich, dass das folgerichtig zur Epigenetik geführt hat. Diese postuliert denn auch, dass die Regelung der Genaktivität einer übergeordneten Steuerung unterliegt, was das Problem "Differenzierung" jedoch nur auf eine andere Ebene und in die Umwelt verschiebt. Vielleicht wäre es ehrlicher, zuzugeben, man weiss es (noch) nicht.
Der Molekularbiologe Dr. Stefan Graf hofft sogar, dass man das "Geheimnis" nie lüften möge, da dessen Aufdeckung manipulatorisches Potential habe, mit dem die Menschen überfordert wären. Mir scheint schon das gegenwärtige "Können" weit über das Wissen der Forscher hinauszugehen (daher meine Frage), von der Weisheit zum "Sollen" ganz zu schweigen. Wie sonst wären Nobelpreisträger-Samenbanken für Designerbabys zu erklären?
MaxE
jörg



Anmeldungsdatum: 12.12.2010
Beiträge: 2107
Wohnort: Bückeburg

BeitragVerfasst am: 10. Aug 2014 20:56    Titel: Re: Steuerung Zelldifferenzierung Antworten mit Zitat

Eine rein mechnistische Beschreibung klärt noch nicht das Kausiltätsproblem, mechanistische Aussagen beschreiben im molekularbiologischen Kontext das Zusammenwirken verschiedener Faktoren. Aber immer noch sind sie deskriptiv. Der Begriff des "Mechanismus" klärt also keine Kausalitäten.
Erkenntnis kann aber auch sehr gut ohne Kausalität geleistet werden, indem wir halt zunehmend Einsichten in mechanistische Vorgänge und Zusammenhänge gewinnen. Du hast recht, sobald es komplex wird, wird es auch diffus, deswegen ist eine der wichtigsten Ansprüche an die Wissenschaft des 21sten Jahrhunderts aus meiner Perspektive, wie man es schafft, Menschen in ihren Beriechen zu professionalisieren, ohne Fachidioten zu erzeugen, aber das nur am Rande.

MaxE hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht wäre es ehrlicher, zuzugeben, man weiss es (noch) nicht.


Selbstverständlich wäre das ehrlicher, doch dabei sollten wir nicht verleudmen, was wir bisher haben. Empirische Wissenschaften ziehen ihre Erkenntnisse wie der Begriff schon sagt, aus der Empirie. Damit kann man mittlerweile viel zeigen, der "Urgrund" jedoch wird sich uns nie erschliessen, da ist jedes Modell genausogut wie "Gott", man wird in das Münchhausen-Trilemma geraten, wie man es eben mit "Gott" tut. Deswegen beschäftigt die Wissenschaft sich nicht mit Kausalität und es handelt sich um rein didaktische Phänomene, wenn man mit Kausalität argumentiert. Eigentlich wissen wir nichts, aber dieses "Nichts" ist bereits umfangreicher, als es zu Sokrates' Zeiten war. Im Prinzip lernen wir, wie man Aussagen formuliert, damit sie wissenschaftlich sein können. Kausal formulierte Aussagen, können diese Kriterien nicht erfüllen. Wenn wir "Warum" fragen, meinen wir meistens "Wieso", was einen funktional oder/und chronizistischen Aspekt einer modalen Ereignisfolge repräsentiert.


MaxE hat Folgendes geschrieben:
Mir scheint schon das gegenwärtige "Können" weit über das Wissen der Forscher hinauszugehen (daher meine Frage)


Ganz richtig und auch deine ethischen Zweifel halte ich für sehr berechtigt. Ein extrem gutes Beispiel hierfür ist die Gentherapie. Die ersen Patienten mit Knochenmarkserkrankungen, deren Grunderkrankung erfolgreich behandelt wurde, entwickelten im Verlauf eine Leukämie, da hat man den Teufel mit Beezlebub ausgetrieben... Aber wir haben was gelernt, unter anderem, eine erhöhte Vorsicht walten zu lassen. Bei anderen Erkrankungen wie einer muskulären Erkrankung, hat das Ganze einwandfrei geklappt. Hochmut kommt halt vor dem Fall.....

Aber was mich interessieren würde: Wie meinst du denn, sollte man mit den Erkenntnissen umgehen und wie wäre ein kausaler Erkenntnisgewinn bezüglich Zelldifferenzierungsvorgängen möglich?

_________________
RNA?- just another nucleic acid?
MaxE



Anmeldungsdatum: 03.08.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 12. Aug 2014 13:18    Titel: Steuerung Zelldifferenzierung Antworten mit Zitat

Leider habe ich noch nicht herausgefunden, wie man Zitate in eine Antwort einbaut, weswegen ich mich manchmal wiederhole, sorry. Offenbar wird der Begriff Kausalität je nach Ausbildung und Erfahrung unterschiedlich verwendet. Für mich beschreiben die Begriffe "Mechanismus" oder "Maschiene" eben gerade das Phänomen kausal determinierter Prozesse. Für technische Konstruktionen (z.B. Auto) ist das offensichtlich: Ein Input (z.B. bremsen) löst eine zwingende (determinierte) kausale Abfolge von Ereignissen aus, die nur so und nicht anders sein kann. Bei der Zelldifferenzierung müsste es meiner Ansicht nach ebensolche Abläufe geben, da bei der Morphogenese eines Organismus (in der Natur) in fast allen Fällen identische Ergebnisse festzustellen sind. Mit anderen Worten: Individuelle Exemplare einer Art sind (fast) identisch, was wiederum bedeutet, das hier kausale Zusammenhänge bestehen müssen. Diese zu erkennen wird sicherlich nur empirisch möglich sein und da sind offenbar Teilzusammenhänge durch Epigenetiker beschrieben worden. Nur wird das mein Grundproblem wahrscheinlich nicht lösen, weil es den oben erwähnten "Input" betrifft. Auch übergeordnete Steuerung (Epigenetik), z.B. das "betätigen" von Genschaltern, braucht Inputs, die nicht in jeder Zelle dieselben sein können, wenn Differenzierung sein soll (die es ja faktisch gibt).
Nun noch zum Umgang mit Erkenntissen: Selbstverständlich ist Forschung zwecks Erkenntnisgewinn unverzichtbar, wenn wir wissen wollen ,was wir tun. Grundsatz sollte sein, nichts in die Welt zu setzen, was nicht mit einiger Sicherheit durchschaut (erkannt) ist. Also: Vorsicht wäre geboten. Transgene Organismen dürften nur freigesetzt werden, wenn grundlegende Prozesse wie z.B. die Zelldifferenzierung einigermassen verstanden sind. Ansonsten spielt man "russisches Roulett", wobei z.B. bezüglich Evolution systembedingt (Zeiträume) Technikfolgeabschätzung gar nicht möglich ist. Deswegen wäre eine Beschränkung auf Cis-Genetik (Gentechnik nur innerhalb einer Art = Erhalt der Struktur des Genpools) wünschbar. Dann müssten Patente auf "Leben" generell verboten werden, da das Wissen allen Forschern zugänglich sein sollte. Weiter sollte Grundlagen-Forschung unabhängig von der Wirtschaft sein, mindestens solange bis Risiken von Anwendungen erkannt und vermieden werden können. Heute ist es umgekehrt, man "probiert" Anwendungen ohne zu wissen, was man tut. Die Wirtschaft wird ohne Zögern den biologischen "Supergau" riskieren, wenn das rentiert.
Leider ist Selbstbeschränkung der Beteiligten ein frommer Wunsch von mir und es bleibt die Hoffnung und Befürchtung, dass, wie bei der anderen "Kern"-Technik (Atom), die Gentechnik im laufe der Zeit ihre eigenen Grenzen (durch Unfälle etc.) fordern wird.
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