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Evo-Bio Gast
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Verfasst am: 24. Jan 2017 03:46 Titel: Evolution und Selektion - Phänotyp |
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Meine Frage:
Ich mache mir gerne privat Gedanken zur Evolution und setze mich gern mit diesem Thema auseinander. Ich lese auch viel dazu, habe aber doch noch eine Frage, die mich enorm beschäftigt.
Und zwar ist es doch so, dass die natürliche Selektion in der Regel ein Eliminierungsprozess ist, der eher unfitte Individuen verwirft und die fitteren statistisch in der Regel beibehält, nämlich genau dadurch, dass sie eher überleben und sich erfolgreicher fortpflanzen (was wichtiger ist).
Es ist doch richtig von mir zu sagen, dass dabei das Überleben ein Mittel zum Zwecke der Fortpflanzung ist, wobei es dabei geht, möglichst viele der eigenen Gene weiterzugeben in den Genpool der nächsten Generation.
Aber jetzt wird es kniffelig. Warum z.B. haben Schimpansen ein relativ unbehaartes Gesicht und Menschen Augenbrauen. Ja, z.B. dass ihnen der Schweiß nicht in die Augen läuft. Aber kann das schon den Unterschied für die Selektion machen? Wahrscheinlich muss man sich gerade hier die gewaltigen Zeiträume der Evolution vorstellen, sonst wird das mit der Vorstellung nichts.
Aber warum z.B. wächst dem Menschen nicht ein spitzer Kopf? Warum und wie genau macht die Evolution das? Klar, was muss etwas mit der Selektion zu tun haben, aber jedes Lebewesen sieht ja von außen relativ perfekt aus. Warum machen uns keine extrem langen Haare mitten im Gesicht?
Meine Ideen:
Meine Ideen stehen schon oben im Text. |
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Hedera
Anmeldungsdatum: 08.03.2011 Beiträge: 657
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Verfasst am: 24. Jan 2017 09:57 Titel: |
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Zitat: | Und zwar ist es doch so, dass die natürliche Selektion in der Regel ein Eliminierungsprozess ist, der eher unfitte Individuen verwirft und die fitteren statistisch in der Regel beibehält, nämlich genau dadurch, dass sie eher überleben und sich erfolgreicher fortpflanzen (was wichtiger ist). |
Das ist eine sehr vereinfachte Sicht.
Evolution hat nicht nur die eine Komponente "Selektion". Dazu gehört auch Gendrift, Ab- und Zuwanderung.
Warum haben die meisten Menschen in skandinavischen Ländern blonde Haare und blaue Augen? Das hat nichts mit Selektion zu tun. Der Grund ist schlichtweg, dass die Gründerpopulation, also die Gruppe von Menschen die sich dort zu erst angesiedelt haben (warum auch immer) diesen Genotyp aufwiesen.
Auch gibt es nicht immer einen speziellen Grund, dass ein Merkmal so ist wie es ist. Es kann auch sein, dass zwei Merkmale mit einandern verbunden sind. Die Selektion hat allerding nur auf eines der Merkmale gewirkt. Da die Merkmale aber verbunden sind, entstand zwangsläufig die Kombination der beiden Merkmale und nicht eine andere Kombination.
Du hast es ja quasi selbst schon geschrieben und so ist es tatsächlich auch. Evolution ist schwer ohne die Zeitspanne zu verstehen. Diese wiederum ist allerdings so groß, dass wir sie uns nur schwer vorstellen können.
Außerdem ist Evolution ein extrem komplexes Thema. Viele Wegen können zum selben Ergebnis führen. Daher kann man rein theoretische Beispiele schlecht bis garnicht komplett diskutieren, da Möglichkeiten so groß sind, dass es ewig dauern würde. |
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Evo-Bio Gast
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Verfasst am: 24. Jan 2017 10:02 Titel: |
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Wie kommt es denn aber zu der speziellen Körperform von Lebewesen beispielweise Menschen? Es muss doch einen Grund geben, dass wir Augenbrauen haben und dass Schimpansen ein haarfreies Gesicht haben. Warum kommen denn z.B. keine eckigen Lebewesen vor oder ganz einfach gefragt, wie kommt unsere spezielle Körperform zustande? könnte es nicht sein, dass ein eckiger Schädel sich durchsetzen würde oder ein spitzer? Warum genau diese Formen? |
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PaGe Moderator
Anmeldungsdatum: 19.03.2007 Beiträge: 3549 Wohnort: Hannover
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Verfasst am: 24. Jan 2017 12:17 Titel: |
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Zu den Augenbrauen: Die halten Schweiß oder Ähnliches davon ab, in die Augen zu fließen. Die Affen haben dafür Augenwülste. Welchen Nachteil Augenwülste genau haben, kann ich dir nicht sagen. Das könnte durch sexuelle Selektion entstanden sein oder andere Nachteile haben, wie zum Beispiel einem erhöhten Energieaufwand, da die Haut über den Wülsten dem Wind stärker ausgesetzt sind.
Eckige Köpfe erscheinen mir sehr unsinnig. Zum Einen ist eine eckige Wuchsform als äußere Kante durchaus schwer umzusetzen, zum anderen verdeckt es beim Kopf die Sicht (das Sichtfeld könnte nicht mehr größer als 180° sein) und hat eine erhöhte Stoßgefahr (Rundungen gleiten eher noch einmal an einer Kante ab). Außerdem bräuchte man mehr Körpermaterial. Und auch unter energetischen Aspekten ist eine Kante ungünstig, da das Oberflächen-zu-Volumen-Verhältnis ungünstiger wird. Es würde deutlich mehr Energie brauchen. _________________ Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, du darfst sie kostenlos nutzen. Aber sie ist nicht Open Source, d. h., du darfst sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen. |
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Evo-Bio Gast
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Verfasst am: 24. Jan 2017 15:14 Titel: |
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PaGe, du hast m.M.n. ein paar interessante Punkte genannt. Du sagtest, dass der energetische Umsatz oder Verbrauch beim etwas albernen Beispiel mit dem eckigen Kopf ungünstig ist, sowie beim Affen die Augenwülste.
Es fällt mir etwas schwer vorzustellen, dass die Selektion hier einen Ansetzpunkt hat und hier wirklich gut selektieren kann. Jetzt wirst du wahrscheinlich sagen, dass es hier nicht um die Vorstellung geht, aber ich hoffe du weißt, was ich meine.
Ein anderes Beispiel wäre: Warum gibt es bei manchen Tieren keine Hörner und bei anderen schon. Könnte es sein, dass in, sagen wir, 10 Millionen Jahren, eine Mutation auftreten könnte, die Wölfen spitze Hörner gibt? Warum wird dies von der Selektion nicht erhalten? Oder kommen solche Mutationen bei diesen Tieren gar nicht vor? |
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PaGe Moderator
Anmeldungsdatum: 19.03.2007 Beiträge: 3549 Wohnort: Hannover
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Verfasst am: 24. Jan 2017 19:29 Titel: |
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Es wird wahrscheinlich nicht auftreten, weil es Nachteile hat. Mit solch einem Buckel wird ein Wolf nicht mehr gut jagen können. Gerade bei Raubtieren ist es häufig so, dass der Kopf der höchste Punkt ist und ansonsten die Schulter den höchsten Punkt darstellen. Dadurch können sie sehr viel besser einschätzen, unter welchen Hindernis, sie noch hindurchschlüpfen können.
Wenn es keinen Nachteil hat (und nicht zu selten vorkommt), würde es sich in geringer Abundanz in der Population halten. Wenn es einen Vorteil haben würde, würde es sich sogar durchsetzen.
Dass du die energetische Sichtweise nicht nachvollziehen kannst, ist für mich nachvollziehbar. Das liegt mE unter anderem daran, dass wir keinen Hunger mehr kennen. Der Supermarkt ist um die Ecke. Das ist in der Natur aber nicht so. Da herrscht ein ziemlich harter Konkurrenzkampf und die 1-2% höherer Energiebedarf könnten dann (insbesondere im Winter) den Unterschied zwischen Überleben und Verhungern bedeuten. _________________ Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, du darfst sie kostenlos nutzen. Aber sie ist nicht Open Source, d. h., du darfst sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen. |
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Hedera
Anmeldungsdatum: 08.03.2011 Beiträge: 657
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Verfasst am: 25. Jan 2017 15:26 Titel: |
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Das grundsätzliche Problem bei deinen Fragen ist, dass du sie falsch stellst.
Warum gibt es etwas nicht?
Das ist wissenschaftlich eine Frage, die man nicht beantworten kann. Schönes Beispiel: "Es gibt keine roten Elefanten"
Ist das so? Das Fehlen ist kein Beweis für die Nichtexistenz...
"Warum ist der Kopf nicht eckig", ist genau eine solche Frage.
Wir können Mutmaßen, aber wir können nicht sagen warum es nicht so ist.
Wir können nur sagen, wie PaGe es schon tat, dass beispielsweise unsere Sicht hierdurch eingeschrenkt wäre, oder aber, dass das Verhältnis von Fläch/Volumen nicht günstig ist. All das sagt jedoch nur aus, dass der Kopf rund ist weil...
Und natürlich hat das alles einen Grund, weshalb es so ist, wie es ist. Aber warum die Evolution genau diesen Weg eingeschlagen hat, kann keiner sagen. Die Artenvielfalt zeigt in erster Linie, dass viele morphologische Dinge sich unterscheiden, aber den gleichen Sinn erfüllen.
Warum haben Fledermäuse nicht Federn wie Vögel?
Warum haben Wale nicht die selben Flossen wie Fische?
Weil es mehr als eine Möglichkeit zum Fliegen und Schwimmen gibt....
Deshalb sind deine Fragen extrem schwer oder garnicht wirklich zu beantworten. |
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