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Fexx
Anmeldungsdatum: 05.11.2011 Beiträge: 279
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Verfasst am: 20. März 2012 16:29 Titel: Grippaler Infekt durch Stress bedingt? |
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Hallo zusammen!
Dass Stress die Symptome von Erkältungskrankheiten verstärkt, bzw. ihren akuten Ausbruch begünstigen kann(1), habe ich nun schon häufiger gelesen. Und ohne genauer darüber nachzudenken, scheint mir das auch recht nachvollziehbar.
Anderseits habe ich bereits gehört, dass Stress den Ausbrauch des grippalen Infekts auch verzögern kann(2).
Hier mal meine Gedanken dazu;
(1) Stress begünstigt Ausbruch des Infekts:
Mal ganz grob betrachtet, nötigt Stress dem Körper mehr Leistung ab; Handlungen unter Stress kosten also - ganz platt gesagt - mehr Energie. Wenn eine Mensch also über längere Zeit Stress ausgesetzt ist, wie beispielsweise im Job, oder in der Prüfungszeit der Schule/Uni, so beansprucht ihn das relativ stark. So gesehen kann er nicht mehr effektiv auf potentielle Krankheitserreger reagieren, was zur Folge hat, dass diese sich nach der Infektion schneller vermehren können und irgendwann eine ausgeprägte Immunantwort provoziert wird.
(2) Stress verzögert den Ausbruch des Infekts:
Nach dieser Hypothese würden ein Mensch A und ein anderer Mensch A' unterschiedlich auf die gleiche Menge Erreger reagieren, wenn sie sich allein dadurch unterschieden, dass einer der beiden(z.B. Mensch A) zur Zeit der Infektion und auch noch später, körperlichem Stress ausgesetzt wäre. Der Einfachheit halber sei auch hier mal der "Prüfungsstress" angenommen.
Wenn dem so wäre, dann müsste die chronische Ausschüttung von Stresshormonen (Adrenalin, Cortisol etc.) irgendwie verhindern, dass sich die Erreger so vermehren, wie sie es unter normalen Gegebenheiten getan hätten.
Evolutionär gesehen dürfte es wohl ganz brauchbar gewesen sein, wenn die Erkältung nicht während des viertägigen Beutezugs ausbricht, sondern erst nach Rückkehr in die heimische Höhle.
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So wie ich das sehe, widersprechen sich die Thesen 1 und 2 nicht notwendigerweise: Wenn Stress den Ausbruch der Krankheit (also eine heftige Immunreaktion) begünstigt, so widerspricht das nicht der Möglichkeit, dass der Stress zuvor die Vermehrung der Erreger behindert hat.
Andererseits muss man vermutlich auch definieren, inwiefern Stress denn den Ausbruch der Krankheit begünstigen würde: Wird hier das Ausmaß der Immunreaktion erhöht (statt Husten und Schnupfen auch noch drei Tage Fieber) oder die nur Inkubationszeit verkürzt?
Im Falle eines schlimmeren Verlaufs der Krankheit ließen sich (1) und (2) wie oben geschildert vereinbaren, im Falle einer kürzeren Inkubationszeit eher nicht.
Und um abschließend auch ein paar handfeste Fragen zu formulieren:
- Ist Hypothese 2 abwegig? Wenn ja, warum?
- Inwiefern beeinflusst Stress (bzw. Stresshromone) die vermehrung von Erregern? Gibt es hier einen Unterschied zwischen Viren und Bakterien?
Gruß |
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Firelion
Anmeldungsdatum: 27.08.2009 Beiträge: 1878
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Verfasst am: 20. März 2012 17:41 Titel: |
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Hi,
hmm 2. kommt mir aus Erfahrung bekannt vor. In der Prüfungsphase bin ich eigentlich nie krank- aber in den Ferien danach.
Ich würde jetzt vermuten, dass das mit dem Cortisol zu tun. Das ist auch dafür verantwortlich das wir, wenn wir krank sind uns morgens besser fühlen als abends. Cortisol unterdrückt die Immunantwort (ich glaube u.a. über die Synthese von Prostaglandinen.)
Viele Symptome einer Erkältung kommen nicht primär durch den Erreger sondern durch unsere Abwehr gegen ihn zustande: Fieber (das Ding kaputt kochen), Husten und Niesen (bloss raus mit dem ...) oder Durchfall z.B. (zum loswerden bestimmter Erreger wie Parasiten.
LG Firelion _________________ It is well known that a vital ingredient of success is not knowing that what you’re attempting can’t be done - Terry Pratchett |
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Fexx
Anmeldungsdatum: 05.11.2011 Beiträge: 279
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Verfasst am: 21. März 2012 14:27 Titel: |
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Firelion hat Folgendes geschrieben: | Hi,
hmm 2. kommt mir aus Erfahrung bekannt vor. In der Prüfungsphase bin ich eigentlich nie krank- aber in den Ferien danach.
Ich würde jetzt vermuten, dass das mit dem Cortisol zu tun. Das ist auch dafür verantwortlich das wir, wenn wir krank sind uns morgens besser fühlen als abends. Cortisol unterdrückt die Immunantwort (ich glaube u.a. über die Synthese von Prostaglandinen.)
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Hm, das würde also dafür sprechen, dass Stress einerseits die Immuantwort unterdrückt, diese aber nach Abklingen des Stresses dann umso drastischer ausfällt, weil die Erreger sich bereits ziemlich stark vermehren konnten.
Kurz: Während der Klausurenzeit fühlt man sich fit, kann aber nach getaner Prüfung durchaus erst einmal ein paar Tage mit Fieber im Bett verbringen.
Gibt es diesbezüglich schon belegte Erkenntnisse?
Vielleicht auch, ob es tatsächlich Cortisol ist, was hier die tragende Rolle spielt, oder ob da auch noch andere Faktoren mit drinn hängen?
Gruß |
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Hedera
Anmeldungsdatum: 08.03.2011 Beiträge: 657
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Verfasst am: 21. März 2012 14:58 Titel: |
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Leider habe ich keine Zeit mich hiermit wirklich auseinander zusetzen, weil ich selbst in einer Stressphase bin
Das Thema raub leider zu viel zeit
Ich möchte jedoch bezüglich Prüfungsphase einfach mal ein Wort in den Raum schmeißen, dass auch auf die individuelle Reaktion auf Stress zutrifft: phsycho-Somatik
Stress kann die Leistung steigen, kann dich aber auch aus knocken. Das hängt von der Gesamtsituation und deiner Phsyche ab, ist also individuell. |
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jörg
Anmeldungsdatum: 12.12.2010 Beiträge: 2107 Wohnort: Bückeburg
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Verfasst am: 22. März 2012 19:23 Titel: |
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Wenn du dich ein wenig von der psychosozialen Definition des Stressbegriffes entfernst und rein körperlichen Stress betrachtest, könnte das klarer werden.
Dazu unterscheide zunächst einmal zwischen Dauerstress (z.B. chronische Sauerstoffunterversorgung, Akkumulation von auscheidungspflichtigen Substanzen, konsumierende Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, hormonelle Störungen oder andere) von temporärem Stress (Sport, Hitze, Kälte usw.).
Ersteinmal fällt dann auf, dass (temporärer) Stress per se gar nicht unbedingt negativ ist. Dauerstress hingegen erhöht u.a. die Infektionswahrscheinlichkeit auch unter Stress. Ferner fällt auf, dass alle Stressformen mit einer katabolen Stoffwechsellage einhergehen.
Auch dieser Katabolismus wird u.a. durch Kortisol mitgesteuert. Die Wirkung auf das Immunsystem würde ich in physiologischen Konzentrationen eher immunmodulierend als immunsuppressiv nennen, in therapeutischen Dosen ist das etwas anders. Kortison wirkt dabei auf so vielen Ebenen, dass es müssig wäre, die hier auch nur ansatzweise aufzuzählen. Aber es ist der Hauptakteur in den hier beschriebenen Szenarien. Ferner mache dir bewusst, dass die Symptome eines sog. "grippalen Infektes" nicht hauptsächlich durch die Erreger, sondern durch die Immunreaktion zustande kommen. Diese wird unter Dauerstress tatsächlich durch Kortison supprimiert. Das kann natürlich nicht für immer gut gehen.....
Ein Beispiel hierfür findet sich auch in der zirkadianen Rhythmik der Kortisolausschüttung: Am Morgen ist der Spiegel am höchsten und die Symptome einer Infektion sind am wenigsten ausgeprägt.
Temporärer - ich nenne es hier einmal "ausgewogener"- Stress hingegen ist förderlich für das Immunsystem, weil der Körper immer wieder Zeit hat zur Regeneration, wo er dann in die anabole Stoffwechsellage wechselt. Der "gesunde Wechsel" stabilisiert dabei auch die Immunreaktion.
Die Phänomene, die du beschreibst, sind mit diesen Informationen ausreichend erklärbar, so denke ich. _________________ RNA?- just another nucleic acid? |
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Firelion
Anmeldungsdatum: 27.08.2009 Beiträge: 1878
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Verfasst am: 22. März 2012 19:42 Titel: |
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Liege ichmit der Vermutung richtig, dass Tumore und Parasiten zu den konsumierenden Erkrankungen gehören ? _________________ It is well known that a vital ingredient of success is not knowing that what you’re attempting can’t be done - Terry Pratchett |
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jörg
Anmeldungsdatum: 12.12.2010 Beiträge: 2107 Wohnort: Bückeburg
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Verfasst am: 22. März 2012 19:58 Titel: |
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Firelion hat Folgendes geschrieben: | Liege ichmit der Vermutung richtig, dass Tumore und Parasiten zu den konsumierenden Erkrankungen gehören ? |
Jap _________________ RNA?- just another nucleic acid? |
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Hedera
Anmeldungsdatum: 08.03.2011 Beiträge: 657
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Verfasst am: 22. März 2012 20:40 Titel: |
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Zitat: | Wenn du dich ein wenig von der psychosozialen Definition des Stressbegriffes entfernst und rein körperlichen Stress betrachtest, könnte das klarer werden. |
In der Theorie hast du völlig recht. Doch ist rein körperlicher Stress nur eine Seite der Medaille. Psychosoziale Stress gewinnt gerade in unsere Zeit stark an Bedeutung, weshalb er nicht ausgegrenzt werden sollte. Natürlich ist es hilfreich zunächst auf rein physiologischer Ebene den Körperlichen Stress zu analysieren. Um ein Thema wie "Grippaler Infekt durch Stress" ausreichend zu betrachten, musst du aber auch den psychosozialen Stress mit einbeziehen, was ohne Frage sehr schwer wird, da wir doch nur sehr wenig greifbares Wissen über unsere Psyche haben, weil sie einfach dermaßen individuell ist |
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jörg
Anmeldungsdatum: 12.12.2010 Beiträge: 2107 Wohnort: Bückeburg
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Verfasst am: 22. März 2012 22:08 Titel: |
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Ich habe stillschweigend vorrausgesetzt, dass klar wird, dass der psychosoziale Stress einer ähnlichen Phänomenologie unterliegt, er jedoch - wie du bemerkt hast- schwerer zu fassen ist. Deswegen die Reduktion. Für ebendie hier gestellte Fragen ist diese Betrachtung völlig ausreichend, die Transferleistung ist nicht sonderlich schwer zu erbringen.... _________________ RNA?- just another nucleic acid? |
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Fexx
Anmeldungsdatum: 05.11.2011 Beiträge: 279
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Verfasst am: 23. März 2012 20:41 Titel: |
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Ich fasse mal zusammen:
Abgesehen von chronischem Stress, bei dem auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen, scheint also Kortisol der Hauptakteur zu sein. Es kann die Immunantwort unterdrücken, bremst aber nicht die Vermehrung der Erreger aus. Somit bleiben bei anhaltendem Stress, die Symptome weitestgehend aus. Erst wenn die Erreger überhand nehmen und das Immunsystem nicht mehr ausreichend durch Cortisol "in Schach gehalten" werden kann (vielleicht einfach, weil die stressige Zeit nun vorbei ist), setzt die Immunantwort ein. Und dies vermutlich stärker, als es ohne den Stress passiert wäre.
Ist das so weit richtig? |
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nessy
Anmeldungsdatum: 03.04.2012 Beiträge: 5
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Verfasst am: 12. Apr 2012 12:18 Titel: |
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Übrigens kann Stress auch Verspannung im Nacken- und Schulterbereich auslosen, was wiederum zu einer Blockade führen kann und so die Durchblutung im Gehirn leicht gestört ist. Soll wohl auch ein Faktor für stressbedingte Immunschwäche sein. Wenn man aufgrund von Stress oft krank wird, helfen dann auch die Grippeimpfungen nicht mehr, auch wenn die Antikörper von GenScript noch so gut optimiert wurden. Deshalb: Immer entspannt bleiben |
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