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Kleidermulch Gast
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Verfasst am: 12. Sep 2016 17:06 Titel: Viren ohne Antigene |
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Hallo zusammen,
gerade beschäftige ich mich etwas mit der Immunreaktion des Menschen.
Viren etwa besitzen Antigene, die von den Antigen-Rezeptoren der Immunzellen erkannt werden und daraufhin wird eine Immunantwort eingeleitet. Ich kann aber nirgends den Nutzen dieser Antigene für das Virus erkennen. Wäre ein Virus ohne Antigene nicht sehr viel erfolgreicher?
Ich weiß, dass mit künstlichen Viren ohne Antigene experimentiert wird und z.B. die Blutkörperchen von Leuten mit der Blutgruppe 0 besitzen ebenfalls keine Antigene. Warum also das Virus?
Viele Grüße
Hemdmulch |
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Kleidermulch Gast
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Verfasst am: 12. Sep 2016 17:09 Titel: Ausführlichere Antwort |
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bioboard.de/topic,9563,-was-nuetzen-einem-virus-seine-antigene%3F.html
Hier findet man einen Antwortversuch. Ich erhoffe mir allerdings genauere Informationen, inwiefern sie z.B. benötigt werden, um in die Zelle einzudringen. |
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PaGe Moderator
Anmeldungsdatum: 19.03.2007 Beiträge: 3549 Wohnort: Hannover
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Verfasst am: 12. Sep 2016 21:44 Titel: |
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http://www.bioboard.de/topic,9563,-was-nuetzen-einem-virus-seine-antigene%3F.htmlHier der korrigierte Link.
Mehr als die allgemeine Infos zum Andocken und Einschleusen des Erbmaterials sowie dem Schutz des Erbmaterials kann ich dir spontan auch nicht schreiben. _________________ Die deutsche Rechtschreibung ist Freeware, du darfst sie kostenlos nutzen. Aber sie ist nicht Open Source, d. h., du darfst sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen. |
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jörg
Anmeldungsdatum: 12.12.2010 Beiträge: 2107 Wohnort: Bückeburg
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Verfasst am: 22. Sep 2016 22:13 Titel: Re: Viren ohne Antigene |
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Kleidermulch hat Folgendes geschrieben: | [...] und z.B. die Blutkörperchen von Leuten mit der Blutgruppe 0 besitzen ebenfalls keine Antigene. |
Das stimmt nicht, die Blutkörper der Blutgruppe 0 besitzen auch Antigene, jedoch keine des sog. ABO-Systems. Aber andere schon....
Du gehst die Sache verkehrt herum an. Die Frage, warum ein Virus Antigene hat, ist sinnlos.
Du musst dir vorstellen, dass das Immunsystem ganz ähnlich wie das Nervensystem arbeitet:
Das Nervensystem hat die Aufgabe, die Umwelt "sinnlich" zu erfassen und innere mit äußeren Reizen abzugleichen. Dazu verfügt es im Prinzip und vereinfacht ausgedrückt, über 3 große "Funktionsareale":
(1) die Verarbeitung und Aufrechterhaltung des inneren Milieus
(2) es verfügt über ein rudimentäres Bild über die Umwelt, welches von der Geburt an angelegt ist und an dem man nichts ändern kann. Es gibt also für das Gehirn "Wahrheiten", welche unumstößlich sind und in denen sich ein Reiz umittelbar als Reaktion zeigt (z.B. das "Zusammenschrecken" bei einem lauen Knall in der nähren Umgebung)
(3) Es verfügt über Lernfähigkeit über die sinnlich erfahrbare Umwelt
Ähnlich verhält es sich beim Immunsystem, nur dass das Immunsystem sich ein -ich nenne es mal "molekulares Abbild" von der Umwelt schafft. Auch hier hast du "angeborene" Komponenten, welche unabänderliche "Wahrheiten" verinnerlicht haben. Hierzu gehören unveränderliche Bestandteile der molekularen Umwelt, wie z.B. DNA, RNA oder Moleküle wie Lipopolysachcharide u.a.. Diese werden über bestimmmte Rezeptoren erkannt. Selbst, wenn eigene Zellen zugrunde gehen und DNA-Fragente entstehen, wird eine immunreaktion ausgelöst. Aber auch dieser angeborene Zweig des Immunsystems kann durch einen Abgleich mit dem "inneren Milieu" zum Teil zwischen "eigen" und "fremd" unterscheiden (Die Unterscheidung zwichen "eigen" und "fremd" ist übrigens eine der Hauptaufgaben de Immunsystems). Das tut es, weil z.B. die eigene DNA z.T. eine geringgradig andere Konfiguration aufweist als Fremd-DNA wiee z.B. Virus-DNA. Aber wie gesagt, auch eigene, fragmentierte DNA löst eine Reaktion aus, also so ganz klar ist die Untersheidung auf dieser Ebene noch nicht. Aber der "lernfähige" oder "erworbene" Zweig der Immunabwehr kann das schon deutlich besser. Die Zellen dieses Zweiges "lernen" nämlich, zwischen "eigen" und "fremd" zu unterscheiden, indem ihnen immer wieder die eigenen Antigene gezeigt werden. Wenn sie auf eigene Antigene reagieren, werden die entsprechenden Zellen getötet. Dann werden die Zellen dieses Zweiges mit der Umwelt konfrontiert und sie lernen die verschiedenen Moleküle der Umwelt als Antigene kennen. Nun müssen sie noch unterscheiden lernen, was davon gefährlich ist und was harmlos, ähnlich wie auch das Gehirn lernen muss, wie eine bestimmte Situation zu interpretieren ist. Diese Reaktion ist fehleranfällig und das Immunsystem greift hier auch auf die angeborenen Muster zurück, so wie auch das Gehirn auf angeborene Muster zurückgreift, indem wir uns z.B. erschrecken, wenn neben unserem Ohr plötzlich jemand eine Brötchentüte platzen lässt. Obwohl wir über die Harmlosigkeit dieses Ereignisses wohl wissen, erschrecken wir uns trotzdem, da die angeborene Reaktion auf diesen Reiz hier greift. Und das Bild, das wir mi der Geburt über unsere Umwelt mit "eingepflanzt" bekommen haben, sagt uns halt im ersten Moment, dass hier eine potentielle Gefahr vorliegt. Wir lernen aber auf einer anderen Ebene, dass diesem womöglich gar nicht so ist, und wenn das das 5. Mal in Folge passiert, ist dei Reaktion schon nicht mehr so heftig. Genauso verhält sich das Immunsystem. Moleküle, die häufig vorkommen, lösen nach mehrmaligem Kontakt keine wesentliche Reaktion mehr aus, wie z.B. Staub oder die 3. Infektion it dem gleichen Virus. Kleine Kinder allerdings reagieren auf nahezu jeden bagatellinfekt mit hohem Fieber, weil das eben die "heftigere" Reaktion des Immunsystems wiederspiegelt, nachdem ein Kontakt mit einem bis dahin völlig fremden molekularem Konstrukt stattgefunden hat. Im Laufe lernt das Immunsystem dann dazu und reagiert nicht mehr ganz so heftig. Es passt sich also den Gegebenheiten an. Nun werden die bekannten Viren z.B. sofort vernichtet, wenn das Immunsystem sie nur "riecht" und wir bezeichnen uns als "immun". Auch ähnliche molekulare Zusammensetzungen können nun besser erkannt werden und wir reagieren nicht mehr ganz so heftig.
Also: Ein Virus hat nur Antigene, weil unser immunsystem bestimmte Bestandteile als "Antigen" definiert. Und da ist es hilfreich, Strukturen zu erkennen, die bei vielen Viren zumindest einer Familie ähnlich sind, da das Immunsystem so mit einem Minimun an Informationen auf mehrere Situationen reagieren zu können. Das Virus wiederum verändert seine Antigene, um eben die Immunreaktion zu umgehen. Dieses ganze evolutionäre Konzept wird mit der "red-queen-Hypothese" zusammengefasst:
https://de.wikipedia.org/wiki/Red-Queen-Hypothese _________________ RNA?- just another nucleic acid? |
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